EUKLIDISCHER RHYTHMUS – Part II – Praxis

In diesem zweiten Teil zum euklidischen Rhythmus möchte ich den Music Pattern Generator und XronoMorph kurz vorstellen.

Music Pattern Generator

Der Music Pattern Generator ist eine kostenlose Webanwendung zur Erstellung musikalischer Rhythmusmuster, welche von Wouter Hisschemöller programmiert wurde. Die Patterns werden durch animierte Grafiken dargestellt, die es einfach machen, komplexe Polyrhythmen zu erstellen und zu verstehen.

Der Music Pattern Generator überträgt seine Patterns als MIDI-Daten, so kann man die App leicht in andere Musiksoftware und -hardware integrieren. Es gibt ihn als Webanwendung, als auch als Installationsprogramm, um die App auch als reguläre Desktop-Anwendung zu verwenden.

Auf dem Github des Programmieres findet man alle nötigen Informationen zum Download und zur Anwendung.

Hier eine kurze Einführung zum Music Pattern Generator

Der MPG in Verbindung mit externer Hardware

Download:

Online Application

Download

User Guide

XronoMorph

XronoMorph ist eine kostenlose macOS- und Windows-App zur Erstellung mehrschichtiger rhythmischer und melodischer Loops (Hockets). Jede rhythmische Schicht wird als ein in einen Kreis eingeschriebenes Polygon visualisiert, und jedes Polygon kann nach zwei verschiedenen mathematischen Prinzipien konstruiert werden: perfekte Balance und Wohlgeformtheit (auch bekannt als MOS). Diese Prinzipien verallgemeinern Polyrhythmen, additive und euklidische Rhythmen. Darüber hinaus können die Rhythmen nahtlos ineinander übergehen, und auch irrationale Rhythmen ohne regelmäßigen Puls können leicht konstruiert werden. Die Patterns lassen sich sowohl als Midi als auch Audio-Datei exportieren.

Einführung in XronoMorph:

XronoMorph: An Introduction

Perfectly Balanced Rhythms

“Ein Rhythmus oder eine Skala kann als Punkte auf einem Kreis dargestellt werden. Der Rhythmus ist perfekt ausbalanciert, wenn die mittlere Position (Schwerpunkt) dieser Punkte in der Mitte des Kreises liegt.

Komplexe, perfekt ausbalancierte Rhythmen können durch die Addition einer beliebigen Anzahl von einfacheren, perfekt ausbalancierten “Elementar”-Rhythmen erzeugt werden. XronoMorph enthält eine Vielzahl dieser elementaren, perfekt ausbalancierten Muster.”

perfectly balanced rhythms

Well-formed Rhythms

„Well-formed Rhythms (auch MOS genannt) enthalten zwei Schlaggrößen, die so angeordnet sind, dass der Rhythmus so gleichmäßig wie möglich ist. Jeder dieser Rhythmen hat einen übergeordneten Rhythmus, der die ursprünglichen Beats in zwei neue Größen aufteilt. Auf diese Weise lässt sich eine komplexe, verschachtelte Hierarchie von Rhythmen erstellen.

Well-formed Rhythms sind eine Obermenge der euklidischen Rhythmen. Sie umfassen zum Beispiel auch Rhythmen ohne regelmäßigen Puls.“

Well-formed rhythms

Quellen:

Hischemöller, Wouter. „Wouter Hisschemöller Music Pattern Generator v2.1“. Zugegriffen 15. Dezember 2021. https://www.hisschemoller.com/blog/2019/music-pattern-generator-v2-1/.

Hisschemöller, Wouter. „Music Pattern Generator“. Zugegriffen 15. Dezember 2021. https://www.hisschemoller.com/mpg/.

Hisschemöller, Wouter. Music Pattern Generator. JavaScript, 2021. https://github.com/hisschemoller/music-pattern-generator.

Milne, Andy. „XronoMorph: Loop generator“. dynamic tonality, o. J. https://www.dynamictonality.com/xronomorph.htm.

Milne, Andrew, Steffen Herff, David Bulger, William Sethares, und Roger Dean. „XronoMorph: Algorithmic generation of perfectly balanced and well-formed rhythms“, 2016. https://www.researchgate.net/publication/302345911_XronoMorph_Algorithmic_generation_of_perfectly_balanced_and_well-formed_rhythms.

SOUNDS OF

Sounds of ist ein Format in dem verschiedenste Künstler*innen, Foley Sounds an besonderen Plätzen sammeln und danach ins Studio gehen und daraus einen neuen Song machen.

Sounds of Trailer

Über Sounds of:

Ursprünglich ist das Format von Fynn Kliemann und dem Kliemannsland initiiert und auch moderiert worden. Die ersten Videos wurden noch im alten Studio des Kliemannsland aufgenommen. Mittlerweile wird das Format von Nisse Ingwersen moderiert und gehört zu Funk dem Content-Netzwerk der öffentlich rechtlichen Sender ARD und ZDF, wird jedoch immer noch vom Kliemannsland produziert.

Die Folgen laufen immer so ab, dass die Künstler*innen an einen von ihnen ausgewählten, besonderen Ort gehen und dort die Atmosphäre mittels Recorder als Foley Sounds aufnehmen. Danach bekommt man einen Einblick in die Produktion der neuen Songs und kann auch persönlichen Geschichten lauschen. Die Zuschauer bekommen auch immer wieder Tipps für eigene Produktionen.

Community:

Das tolle an dem Format ist, dass man sich auch als Zuschauer alle Sounds downloaden kann. So bekommt man zum Beispiel aus der Folge mit Severin Kantereit einzigartige Aufnahmen aus Äthiopien.

Die Zuschauer werden selbst dazu aufgefordert, nur mit den Sounds aus den Folgen neue Tracks zu produzieren. Diese können an das Kliemannsland geschickt werden und werden dann auf der SoundCloud Playlist veröffentlicht.

Sounds of Äthiopien

In einer Folge, war Nisse mit Deichkind sogar in der Hamburger Elbphilharmonie:

Sounds of Elbphilharmonie Hamburg

Quellen:

Funk. „soundsof“. funk. Zugegriffen 8. Januar 2022. https://www.funk.net/channel/soundsof-12144.

Kliemannsland GmbH. „Sounds of“. kliemannsland. Zugegriffen 8. Januar 2022. https://www.kliemannsland.de/blogs/soundsof?page=3.

soundsof. „soundsof – YouTube“. Zugegriffen 8. Januar 2022. https://www.youtube.com/.

EUKLIDISCHER RHYTHMUS – Part I – Theorie

Der euklidische Rhythmus bzw. Algorithmus gehört zu den Polyrhythmen. Er basiert auf einem Konzept des Mathematikers Euklid von Alexandria. Prinzipiell geht es dabei darum, den größten gemeinsamen Teiler zu finden. Hierzu gleich ein Klangbeispiel: 

Wouter Hisschemöller – Music Pattern Generator v2.1

Kurze Geschichte:

Schon vor 2300 Jahren hat der Mathematiker Euklid von Alexandria sein wichtigstes Werk „Elemente“ verfasst. In diesem beschreibt er auch das Konzept zur Findung des größten gemeinsamen Teilers zweier Zahlen. Dieses Konzept ist als Euklidischer Algorithmus bekannt.

Rhythmik und Mathematik:

Er ist im Jahr 2004 entdeckte der kanadische Informatiker Godfried T. Toussaint die Beziehung zwischen dem Euklidischen Algorithmus und Rhythmen in der Musik. Mit diesem lassen sich viele bekannte Rhythmen zum Beispiel aus dem Rock’n’Roll, der afrikanischen und der südamerikanischen Musik berechnen.

Was ist ein ‚guter‘ Rhythmus? Ein Algorithmus, der die Schläge in einem bestimmten Zeitintervall so gleichmäßig wie möglich verteilt.

Das interessante an euklidischen Rhythmen ist, dass es nicht ewig gleichbleibende Rhythmen sind, sondern abwechslungsreiche und so auch spannendere für die Zuhörer. Er bietet eine gute Balance zwischen eintönig und zu komplex und verteilt alle Schläge gleichmäßig.

Wie funktioniert der Euklidische Rhythmus?

Gegeben sind immer zwei Zahlen, z.b. 13 und 5. Dann wird immer die kleinere von er größeren Zahl abgezogen, bis kein Rest mehr bleibt.

Tipp: Der Euklidische Algorithmus funktioniert besonders gut, wenn man Primzahlen benutzt.

Für den Eukldischen Rhythmus ist sozusagen der Weg das Ziel. Aus den Zahlen können wir die Schläge (geschrieben als 1) und die Pausen (geschrieben als 0) herauslesen. Das funktioniert so:

13 – 5 = 8  [1 1 1 1 1]  [0 0 0 0 0 0 0 0]

8 – 5 = 3  [1 0]  [1 0]  [1 0]  [1 0]  [1 0]  [0 0 0] 5 Nullen werden nach vorne hinter die 1en gestellt, 3 bleiben hinten stehen

5 – 3 = 2  [1 0 0]  [1 0 0]  [1 0 0]  [1 0]  [1 0] 3 Nullen werden nach vorne hinter die 10 Sequenzen gesetzt

3 – 2 = 1  [1 0 0 1 0]  [1 0 0 1 0]  [1 00] 2x 10 Frequenz wird nach vorne hinter die 100 Frequenzen gesetzt. Nun haben wir den fertigen Ryhthmus

2 – 1 = 1 Da ein Rhythmus zyklisch ist würde es ab hier keinen Sinn mehr machen, nach vorne zu verschieben

1 – 1 = 0

Zum einfacheren Verständnis kann man auf dieser Seite visuell sehen und ausprobieren, wie die Schläge und Pausen verteilt werden: https://dbkaplun.github.io/euclidean-rhythm/

Zudem gibt es hier eine Liste mit Zahlenkombinationen und ihrem Rhythmusmuster: http://www.iniitu.net/Euclidian_Erd%C3%B6s_Deep_Aksak_rhythms.html

Abschließend noch zwei Beispiele zum reinhören:

Quellen:

Ableton AG. „Don’t DJ über polymetrische, polyrhythmische, zirkuläre Musik | Ableton“. Zugegriffen 15. Dezember 2021. https://www.ableton.com/de/blog/dont-dj-moving-in-circles/.

bettermarks. „Euklid von Alexandria“. Zugegriffen 15. Dezember 2021. https://de.bettermarks.com/mathe/euklid-von-alexandria/.

Toussaint, Godfried. „The Euclidean algorithm generates traditional musical rhythms“. In In Proceedings of BRIDGES: Mathematical Connections in Art, Music and Science, 47–56, 2005. https://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.72.1340&rep=rep1&type=pdf.

W., Bernd. „Euklidische Rhythmen – Ist die Mathematik ein guter Percussionist?“ Tropone Sounds (blog), 18. Oktober 2018. http://tropone.de/2018/10/18/euklidische-rhythmen-ist-die-mathematik-ein-guter-percussionist/.

Master Thesis Evaluierung – Chancen und Herausforderungen der binauralen Audiotechnik für auditive Medien. Eine technische und gestalterische Perspektive.

Autor: Bastian Kilper

Veröffentlichung: 30.10.2020

Universität: Hochschule der Medien Stuttgart

Studiengang: Audiovisuelle Medien

Titel: Chancen und Herausforderungen der binauralen Audiotechnik für auditive Medien. – Eine technische und gestalterische Perspektive

Prüfer: Prof. Dr Frank Melchior, Prof. Oliver Curdt

Die besprochene Masterarbeit „Chancen und Herausforderungen der binauralen Audiotechnik für auditive Medien. Eine technische und gestalterische Perspektive“ wurde von Bastian Kilper verfasst und an der Hochschule der Medien Stuttgart am 30.10.2020 veröffentlicht. Die Arbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung, wie binaurales Audio aktuell (zum Zeitpunkt der Verfassung) in den Einsatz kommt, sowie damit, warum binaurale Produktionen noch nicht weiterverbreitet sind und welche Möglichkeiten es diesbezüglich für die Zukunft gibt.

Das Ziel der Arbeit ist es zum einen die Herausforderungen einer Binaural Mischung im Vergleich zu einer Stereomischung aufzuzeigen, zum anderen soll der Mehrwert von binauralem Audio aufgezeigt werden, sowie hinterfragt werden, in welchen Bereichen dies wirklich zu einer Aufwertung führt.

Gestaltungshöhe

Die Gestaltung der Arbeit ist im visuellen Sinne leider nicht vorhanden, es wurde ein Standard-Format gewählt, welches meist bei technischeren Themengebieten zum Einsatz kommt.

Innovationsgrad

Im Hinblick auf die Ergebnisse der Arbeit, ist der Innovationsgrad meiner Meinung nach nicht riesig. Durch die Untersuchungen entstand eher eine Darlegung der bereits vorhandenen gestalterischen Möglichkeiten (was ja auch Ziel der Arbeit war), allerdings wurden keine neuen Methoden entwickelt. Es wird aber eine gute Vorlage geboten, mit den resultierenden Ergebnissen, selbst weiterzuarbeiten und daraus neue Methodiken zu entwickeln.

Selbstständigkeit

Da es sich um eine reine Theoriearbeit handelt, ist (soweit erkennbar) die selbstständige Erarbeitung der Ergebnisse, mittels Recherche, gegeben.

Gliederung und Struktur

Die Arbeit ist in sieben Kapitel unterteilt. Neben der Einleitung und dem Fazit gibt es fünf große Themengebiete: Psychoakustik, Binauraltechnik, Binauralsynthese, Binaurale Inhalte und Konsum binauraler Inhalte. Diese bauen gut aufeinander auf und die Übergänge in die nächsten Kapitel sind gut durchdacht. Im Kapitel 1 Einleitung, wird eine grobe Übersicht über die einzelnen Kapitel und deren Inhalte gegeben. Dies fand ich sehr hilfreich für die Orientierung in der Arbeit.

Kommunikationsgrad

Der Autor kommuniziert über die ganze Arbeit hinweg stehts, um was es in den gewissen Teilbereichen der Arbeit gehen soll und führt somit gut durch die Arbeit. Man bekommt das Gefühl, das man schnell eine gute Übersicht über die Arbeit hat.

Umfang der Arbeit

Die Arbeit versucht alle relevanten Themen miteinzubeziehen, so ist der Umfang diesbezüglich recht groß. Allerdings werden dadurch einige Themen nur kurz angeschnitten, welche eventuell noch mehr Aufmerksamkeit benötigt hätten.

Orthografie, sowie Sorgfalt und Genauigkeit

Die Arbeit macht den Eindruck, dass Wert daraufgelegt wurde, alles sorgfältig zu gliedern und abzuarbeiten. Auch in Hinblick auf Rechtschreibung/Grammatik lassen sich so gut wie keine Fehler finden. Es wird zum Beispiel auch beschrieben, dass die zitierten Publikationen peer-reviewed wurden.

Literatur

Der Autor verwendet eine Vielzahl an Quellen, etwa 130-150. Wobei ca. 3/4 Internetquellen und ca. 1/4 Buchquellen sind. Im Hinblick auf die hohe Anzahl der Quellen, ist diese Gewichtung meiner Meinung nach in Ordnung. Es wurde je nach Themengebiet, aktuelle, als auch ältere Literatur verwendet. Es scheint im Allgemeinen so, dass der Verfasser eine umfassende Recherche betrieben hat, mehrere Meinungen eingeholt und diese verglichen hat.

Quelle: https://curdt.home.hdm-stuttgart.de/PDF/Kilper_Masterthesis.pdf

David Tudor – Neural Network Synthesizer

David Tudor war in den 19050er einer der führenden Pianisten. In 1960er- Jahren wandte er sich immer mehr der Live-Elektronik zu und lies das Klavier immer mehr außen vor. Er entwickelte sich nun von einem ausführenden Interpreten zu einem eigenständigen Komponisten und Live-Elektroniker, wobei er sich in seiner Arbeit trotzdem immer mit anderen Künstlern zusammengeschlossen hat. Seine Werke reichen von Komposition und Performance bis zu Installationen.


Neural Network Plus

Eines seiner Werke/Instrumente ist „The Neural Network Synthesizer“. Mit dem Neural Network Synthesizer entstanden die Werke „Neural Synthesis (Nos. 1-9)“ und „Nerual Network Plus“.

Als Vorreiter für die CD „Neural Synthesis (Nos. 1-9)“ gilt David Tudors Performance „Neural Network Plus“. Diese entstand in Zusammenarbeit mit Merce Cunningham und dessen Dance Company und wurde an der Pariser Oper 1992 uraufgeführt. Diese Aufführung ist auch zugleich die erste mit dem Neural Network Synthesizer. Besonders daran ist, dass 16 Lautsprecher über den Raum verteilt wurden, welches eine Immersion erzeugte und es den Performern erlaubte mit dem Raum als Musikinstrument zu spielen.

Neural Network Plus:


Neural Synthesis (Nos. 1-9)

Neural Synthesis (Nos. 1-9) ist eine Arbeit die zwischen 1992 und 1994 in Zusammenarbeit mit Forrest Warthman, Mark Holler und Scot Gresham-Lancaster entstanden ist. Grundlage für diese Komposition ist ein komplexer Synthesizer, dessen Chip von Intel bzw. Mark Holler entwickelt wurde. Wie der Name „Neural Network“ schon erahnen lässt, ist dies ein System, welches dem menschlichen Gehirn und dem Nervensystem nachempfunden wurde. Dadurch entstehen folgendermaßen komplexe Schwingungen und somit auch Klänge. „The chip electronically emulates neuron cells in our brains and can process many analog signals in parallel. “[1] (Der Chip emuliert elektronisch die Neuronenzellen in unserem Gehirn und kann viele analoge Signale parallel verarbeiten.) Während der Performance standen David Tudor bis zu 14 Output-Channels zur Verfügung, welche er alle mit seinen anderen Geräten modelliert hat. Bei der Performance für „Neural Synthesis“ wurde der Chip wohl nicht zum vollen Potential genutzt. So war wohl David Tudor derjenige der sozusagen das Machine Learning übernommen hat, was schlussendlich den speziellen Klang formte. „The chip itself is not used to its full potential in this first synthesizer. It generates sound and routes signals but the role of learner, pattern-recognizer and responder is played by David, himself a vastly more complex neural network than the chip.”

Neuronales Netz

Die Technik, welche hinter dem Neural Network Synthesizer steckt, ist recht komplex. Grundsätzlich sind Neuronale Netzwerk von der Funktionsweise des menschlichen Gehirns geprägt und kommen vor allem in den Bereichen maschinelles Lernen und künstlicher Intelligenz zum Einsatz.

„Stark vereinfacht kann der Aufbau und die Funktionsweise eines Neuronalen Netzes folgendermaßen beschrieben werden: Das abstrahierte Modell eines Neuronalen Netzes besteht aus Neuronen, auch Units oder Knoten genannt. Sie können Informationen von außen oder von anderen Neuronen aufnehmen und modifiziert an andere Neuronen weiterleiten oder als Endergebnis ausgeben.“

Auf folgender Seite werden Neuronale Netze im Allgemeinen erklärt.: https://www.bigdata-insider.de/was-ist-ein-neuronales-netz-a-686185/

In den Liner Notes der CD wird die komplexe Funktionsweise des Chips für den Synthesizer genauer erklärt:

„Der Neuronennetz-Chip bildet das Herzstück des Synthesizers. Er besteht aus 64 nichtlinearen Verstärkern (den elektronischen Neuronen auf dem Chip) mit 10240 programmierbaren Verbindungen. Jedes Eingangssignal kann mit jedem Neuron verbunden werden, dessen Ausgang über On-Chip- oder Off-Chip-Pfade, jeweils mit variabler Verbindungsstärke, zu jedem Eingang zurückgeführt werden kann. Die gleichen Floating-Gate-Bausteine, die in EEPROMs (elektrisch löschbare, programmierbare Festwertspeicher) verwendet werden, werden in einer analogen Betriebsart eingesetzt, um die Stärken der Verbindungen zu speichern. Der Synthesizer fügt R-C (Widerstand-Kapazität)-Tankschaltungen auf den Rückkopplungspfaden für 16 der 64 Neuronen hinzu, um die Schwingungsfrequenzen zu steuern. Die R-C-Schaltungen erzeugen Relaxationsschwingungen. Durch das Zusammenschalten vieler Relaxationsoszillatoren werden schnell komplexe Klänge erzeugt. Globale Verstärkungs- und Vorspannungssignale auf dem Chip steuern die relativen Amplituden der Neuronenschwingungen. In der Nähe des Beginns der Oszillation sind die Neuronen empfindlich für inhärentes thermisches Rauschen, das durch zufällige Bewegungen von Elektronengruppen, die sich durch das monolithische Siliziumgitter bewegen, erzeugt wird. Dieses thermische Rauschen fügt den Ausgängen des Synthesizers Unvorhersehbarkeit hinzu, etwas, das David besonders reizvoll fand.“

1995 erschien schlussendlich eine CD mit 12 aufgenommen Tracks. Die CD wurde speziell für Kopfhörer entwickelt und verwendet binaurale Technik. Die Tracks wurden von David Tudor performt und mit John D.S. Adams aufgenommen und produziert. Das Werk umfasst zwei verschiedene Versionen einen Stereo Mix und einen Binauralen Mix.

Neural Synthesis No. 2

Neural Synthesis No. 6


Quellen:

Composer Inside Electronics (o. J.): David Tudor exhibition. Online im Internet: URL: http://composers-inside-electronics.net/dtudor/legacy/neural_synthesis.html (Zugriff am: 08.11.2021).

„DAVID TUDOR: Recordings (electronic)“ (o. J.): DAVID TUDOR: Recordings (electronic). Online im Internet: URL: http://davidtudor.org/Works/recordings1.html (Zugriff am: 08.11.2021).

kultur-online (2021): kultur-online. kultur-online – Teasing Chaos – David Tudor. Online im Internet: URL: https://www.kultur-online.net/inhalt/teasing-chaos-david-tudor (Zugriff am: 08.11.2021).

Luber, Stefan (2018): Was ist ein Neuronales Netz? Online im Internet: URL: https://www.bigdata-insider.de/was-ist-ein-neuronales-netz-a-686185/ (Zugriff am: 08.11.2021).

„Neural Network Syntheszer“ (o. J.): Neural Network Syntheszer. Online im Internet: URL: http://davidtudor.org/Articles/warthman.html (Zugriff am: 08.11.2021).

Nitschke, Mathis (2020): Mathis Nitschke. Analoge Neuralsynthese. Online im Internet: URL: https://mathis-nitschke.com/analoge-neuralsynthese/ (Zugriff am: 08.11.2021).

Soundohm (o. J.): David Tudor – Neural synthesis n. 6-9 (2CD) – Soundohm. Online im Internet: URL: https://www.soundohm.com/product/neural-synthesis-n-6-9-2c (Zugriff am: 08.11.2021).

Sound Gestaltung im Produktdesign 2/2

In Bezug auf den Supermarkt geht es auch um Lebensmittel, hier spielt Sound Design schon seit vielen Jahren eine große Rolle. Das Ohr ist ein Sinnesorgan, welches wir nicht einfach abschalten können. Bewusst oder unbewusst nehmen wir ständig Informationen auf, welche uns beeinflussen und prägen. Dies machen sich Entwickler und Sound Designer zu nutzen, um den Klang und somit auch die Assoziation einer Marke zu prägen.[1] „Die Geräusche prägen das Image einer Marke und wirken auf die Kunden oft unbewusst.“[2] Daniel Gräfe schreibt weiter dazu: „Nicht nur das Auge, auch das Ohr isst mit. Nahrhaft ist, was dunkel und warm klingt. Je lauter und heller, desto frischer wirken Lebensmittel.“[3] Um den Sound von Lebensmitteln beim Kauen analysieren zu können wird die binaurale Aufnahmetechnik angewendet. Diese ermöglicht es einen realen Eindruck über das Gehörte einer Person zu erlangen.[4]

Aber nicht nur die Lebensmittel selbst, auch ihre Verpackung spielen eine wichtige Rolle, wenn es um die Beeinflussung des Kundenverhaltens geht. Laut Susi Weichselbaumer und Yvonne Maier wählen „rund 80 % der Kunden“ die Produkte anhand der Wertigkeit der Verpackung aus. Ein gutes Beispiel dafür sind Verpackungen von Chips. Die Tüten geben beim Öffnen ein ‚Plopp‘ ab, welches die frische des Produktes signalisieren soll. Genauso wird dies bei Babynahrung und den Gläschen angewandt.[5] „Der richtige Sound sorgt für ein Öffnungserlebnis.“[6]

Gräfe schreibt in diesem Zuge zum Zusammenhang von Sound und Marken folgendes: „Seit Mitte der 1990er Jahre ist das Verständnis, dass Marken nicht nur gut aussehen, sondern auch gut riechen, klingen und sich anfühlen müssen, gewachsen. Vorreiter war die kapitalstarke Automobilindustrie, hier tüftelte Becker-Schweitzer einst am Sound eines typischen Ford-Motors.“[7]

So nimmt Sound Design und die akustische Markenführung auch in der Automobilindustrie eine wichtige Rolle ein. Im Gegensatz zur Akustik in der Architektur, spielt beim Entwerfen von Autos der Sound schon in der Anfangsphase eine wichtige Rolle.[8] „In den 70er Jahren wurden Autos produziert – und dann das verbessert, was zu sehr dröhnte oder schepperte. In den 80er Jahren wurden sie vor allem leiser. Ab Mitte der 90er Jahre bekamen sie auch klanglich eine eigene Gestalt. Dafür sind schon bei der Konstruktion die Akustiker mit im Spiel.“[9]

Bei Autos geht es nicht nur um die Motorengeräusche. Auch der Sound der Autotüren vermittelt einen ersten hochwertigen oder minderwertigen Eindruck. Ebenso tragen die Klänge von den im Innenraum platzierten Drehknöpfen, Blinker usw. zum positiven oder negativen Gefühl des/der Konsument*innen bei. Natürlich wird von den Herstellern auch viel Zeit und Geld in den perfekten Motorensound für die jeweiligen Modelle investiert.[10]

Die heulenden Motoren vermitteln nicht nur dem Fahrer ein tolles Gefühl, sie sind auch gleichzeitig ein Warnsignal für Fußgänger und Fahrradfahrer. Bei Elektroautos fehlen diese Geräusche, was zu Problemen führen kann. Deshalb kommt mittlerweile auch dort Sound Design zum Einsatz, um ein künstliches Motorengeräusch zu erzeugen.[11] Motoren können also auch einen funktionalen Klang darstellen. Es scheint als wäre das Sound Branding in der Lebensmittel- und Automobilindustrie, anderen Bereichen schon weit im Voraus. Es stellt sich also die Frage warum sich andere Unternehmen noch nicht an diesen Methoden bedienen.


[1] Vgl. Gräfe 2011 o. S.

[2] Gräfe 2011 o. S.

[3] Gräfe 2011 o. S.

[4] Vgl. DPA Microphones A/S 2019 o. S.

[5] Vgl. Mockenhaupt; Deutschlandfunk Nova 2018 o. S.

[6] Mockenhaupt; Deutschlandfunk Nova 2018 o. S.

[7] Gräfe 2011 o. S.

[8] Vgl. Gräfe 2011 o. S.

[9] Gräfe 2011 o. S.

[10] Vgl. DW Deutsch 2011, [01:30 – 03:27].

[11] Vgl. Susi Weichselbaumer/Yvonne Maier 2018 o. S.


DPA Microphones A/S (2019): DPA. Binaurale Aufnahmetechniken. Online im Internet: URL: https://www.dpamicrophones.de/mikrofon-universitaet/binaurale-aufnahmetechniken (Zugriff am: 16.12.2020).

DW Deutsch (2011): Sounddesigner – für den guten Ton im Auto | Video des Tages [YouTube]. Online im Internet: URL: https://www.youtube.com/watch?v=v5yrduuWGTg (Zugriff am: 27.12.2020).

Gräfe, Daniel (2011): stuttgarter-nachrichten.de. Sounddesign: Lauschangriff auf Butterkekse. Online im Internet: URL: https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.sounddesign-lauschangriff-auf-butterkekse.d1c45292-e263-4f2b-98de-465316344a1c.html (Zugriff am: 27.12.2020).

Mockenhaupt, Kristin; Deutschlandfunk Nova (2018): Deutschlandfunk Nova. Knistern, Knacksen und der Plopp – Sounddesign bei Lebensmitteln. Online im Internet: URL: https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/sounddesign-bei-lebensmitteln (Zugriff am: 27.12.2020).

Susi Weichselbaumer/Yvonne Maier, Bayerischer Rundfunk (2018): „Akustikforschung: Damit der Keks schön knuspert.“ In: (2018). Online im Internet: URL: https://www.br.de/wissen/akustik-forschung-geraeusch-knack-keks-wiener-gehirn-klingt-klang-sounddesign-hoeren-100.html (Zugriff am: 27.12.2020).

Sound Gestaltung im Produktdesign 1/2

Das Knirschen beim Öffnen eines Nutella Glases, das bekannte ‚Plop‘ der Hipp-Babygläschen, das Crunchen der Chips, das Aufheulen des Motors beim Starten des Autos. Dies alles sind Beispiele für Sound Gestaltung im Produktdesign. Hannes Raffaseder definiert Sound Design in der Produktgestaltung so: „Beim Produkt-Sounddesign werden jene Geräusche gezielt gestaltet, die beim Gebrauch eines Produktes entweder unvermeidbar entstehen oder für eine einfache und sichere Bedienung erforderlich sind.“[1]

Weiss kritisiert, dass unendliche Stunden in die Formen, Beschaffenheiten usw. eines Produktes investiert werden und dieses dann in der „ersten hörbaren Interaktion“ nur ein „PIEP“ von sich gibt. Denn Sound kann auch schon in so einer kurzen Zeitspanne einen prägenden Eindruck hinterlassen.[2]

„Selbst der kleinste Sound kann aber den Eindruck eines Objektes, eines Gerätes, eines Produktes, einer Maschine markant beeinflussen. Denn es dauert nur den Bruchteil einer Sekunde, in dem eine Person emotional auf ein Objekt reagiert und dieses als positiv oder negativ einschätzt.“[3]

Weiss führt weiter, dass Sound, Objekten eine Stimme gibt, das Design verstärkt und diese dadurch eine „neue Ebene der Lebendigkeit“ erhalten. Er vergleicht dies mit der Anwendung von Sound Design im Film und erwähnt in diesem Zuge auch die funktionalen Klänge.[4] „Wie im Film verleiht der Sound einem Objekt eine ganz bestimmte, bewusst gesteuerte Bedeutung. Beim Produktdesign sind es kleine Sounds, funktionale Klänge, die eine präzise Anmutung haben können und damit dem Objekt eine bestimmte Erlebnis-Aura und einen eigenen Charakter verleihen.“[5]

Weiss sieht in der Sound Gestaltung im Produktdesign noch viel größeres Potential und verurteilt fast schon die gängigen funktionalen Klänge, welche oft angewandt werden. Er ist auch für die Fusion von Produktdesign und akustischer Gestaltung im Raum. Eine seiner Visionen, welche er beschreibt, ist die Situation im Supermarkt und der piepsenden Kassen. Er meint, dass jede Kassa einen eigenen Sound bekommen sollte und dass aus dem zufälligen Zusammenspiel aller „eine kleine Klangskulptur“ entstehen könnte, was sich sowohl auf ein positives Einkaufserlebnis als auch auf die „auditive Atmosphäre im Raum“ auswirken könne.[6]


[1] Raffaseder 2010, S. 300.

[2] Vgl. Weiss 2015, S. 73.

[3] Weiss 2015, S. 74.

[4] Vgl. Weiss 2015, S. 74.

[5] Weiss 2015, S. 74.

[6] Vgl. Weiss 2015, S. 74ff.


Raffaseder, Hannes (2010): Audiodesign: akustische Kommunikation, akustische Signale und Systeme, psychoakustische Grundlagen, Klangsynthese, Audioediting und Effektbearbeitung, Sounddesign, Bild-Ton-Beziehungen. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. München: Hanser.

Weiss, Peter Philippe (2015): Wenn Design die Materie verlässt: Sound. Das Design der Emotionen, der Imagination und der Lebendigkeit. Norderstedt: Books on demand.

Funktionale Sounds – akustische Interaktionsgestaltung

Ein Gebiet des Sound Designs ist das Sonic Interface Design / UX Design, welches unter anderem auch in der Automobilindustrie angewandt wird. Die im Sonic Interface / UX Design eingesetzten Sounds nennt man funktionale Klänge oder auch UI-Sounds, diese sind überall in unserem Alltag zu finden bzw. zu hören. Der Sound des Weckers, der Blinker oder Abstandsmesser im Auto, die Kirchenglocke, das Piepen im Supermarkt beim Kassiervorgang, bei Sprachassistenten, bei Messengern usw.[1] All diese Sounds geben zusätzliche Informationen und helfen Vorgänge besser zu verstehen. Eine gute und umfangreiche Beschreibung für funktionale Klänge findet man bei Georg Spehr:

„Funktionale Klänge übertragen Informationen, beschreiben Zustände und spiegeln Arbeitsprozesse. Sie helfen Vorgänge zu erkunden, unklare Situationen zu deuten und unbekannte Strukturen zu verstehen. Sie dienen als Werkzeug, verändern unsere nächste Umgebung und erzählen kleine Geschichten. Wir agieren mit ihnen, bewusst und unbewusst. Funktionale Klänge haben eine Bedeutung in unserem Leben, Wirken und Arbeiten, auch wenn wir sie nicht immer offensichtlich wahrnehmen.“[2]

Sonic Interaction Design ist Teil des User Interface Design. Dabei wird die visuelle Schnittstelle mit einer akustischen ergänzt, um die Benutzerfreundlichkeit von Geräten, Maschinen und Websites zu verbessern. Dabei lassen sich die funktionalen Klänge nochmals in zwei Gruppen aufteilen: die Benachrichtigungssounds und die Interaktionssounds.

Benachrichtigungssounds werden verwendet, „um die Aufmerksamkeit des Users auf ein bestimmtes Ereignis zu lenken“. Bei Interaktionssounds geht es darum, dem Nutzer ein Feedback über die richtige Ausführung einer Funktion zu geben.[3]Für User ist es immer angenehm, die Ergebnisse Ihrer Aktivitäten zu spüren und zu erkennen, dass alles gut gelaufen ist.“[4] Benachrichtigungssounds, sowie Interaktionssounds sind beide unabhängig von einer grafischen Schnittstelle und können in Situationen, wie z.B. dem Auto fahren, bei welcher der/die Nutzer*in nicht die Möglichkeit hat auf einen Bildschirm zu blicken, wichtige Signale oder Hinweise liefern.

Bei digitalen Produkten gibt es üblicherweise für den Anwender die Option die funktionellen Sounds stumm zu stellen, welches auch oftmals passiert. Rainer Hirt und Aron Brunsch meinen in ihrem Artikel dazu, dass sich in einem solchen Falle der Sound Designer nochmal hinterfragen sollte, ob diese Sounds wirklich sinnvoll und nützlich sind und einen Mehrwert bieten. Gleichzeitig betonen sie aber auch die Notwendigkeit von funktionellen Sounds in bestimmten Alltagssituationen.[5]

“Konzeptionell-gestaltete akustische Feedbacks können dazu beitragen, den Anwender zu entlasten und im Idealfall auch die Kundenbindung zum Produkt oder zur Marke zu stärken.[6]

Dies zeigt in jedem Falle, dass das Prinzip einer konzeptionellen Herangehensweise sehr wichtig für die Gestaltung von Funktionssounds ist. Dieser Meinung ist auch Spehr. Er sieht auch die Komplexität von Funktionssounds. Er meint, dass diese „nicht universell, sondern sehr spezifisch“ sind.[7]

Durch den richtigen Einsatz können bei Nutzer*innen auch positive Gefühle gegenüber einem Produkt oder einer Marke entstehen. „Werden Klänge jedoch bewusst gestaltet, können diese akustischen Informationen nicht nur die Benutzerfreundlichkeit und den “Joy of Use” erhöhen, sondern auch einen qualitativ wahrnehmbaren Mehrwert für das eigentliche Produkt und/oder für die jeweilige Marke generieren.“[8]

Für den Einsatz von Sounds im UI/UX-Design gibt es deshalb bestimmte Gestaltungsprinzipien:

  • Es ist eine konzeptionelle Herangehensweise nötig
  • Hörgewohnheiten und Erwartungshaltungen von Nutzern sollten berücksichtigt werden
  • Vorschriften in Bereichen wie der Medizin oder der Automobilindustrie, sollten beachtet und gekannt werden

Diese Prinzipien sollen zur Orientierung dienen und klären was man tun darf, kann und sollte. Sie decken jedoch nicht alle Gebiete ab, gerade wenn es um neue Einsatzbereiche geht.[9] Hirt und Brunsch schreiben: „Eine Ausnahme hingegen stellen innovative Anwendungsbereiche dar, deren akustische Grundprinzipien völlig neu definiert werden können.“[10] Gerade im Zeitalter der Digitalisierung spielt dies eine große Rolle. Durch die Häufung von neuen Produkten, besteht die Gefahr der Reizüberflutung. So wird es in Zukunft wohl eher an zurückhaltenden funktionalen Klängen bedürfen, welche trotzdem zum Nutzer durchdringen und ihre Wirkung entfalten können. Hirt und Brunsch sprechen hier „von einem Dilemma im Sinne von >>Reizüberflutung vs. Durchdringung<<“.[11]

Bezüglich Digitalisierung sind auf Smartphones und Tablets funktionale Sounds schon sehr etabliert, allerdings werden sie in Apps und auf Webseiten noch völlig außenvorgelassen.[12] „Während Sonic Interface Design auf mobilen Websites und Apps noch nicht nativ ist, ist er auf Smartphones nativ und informiert die User über neue E-Mails, eingehende Textnachrichten und Kalenderereignisse an.“[13]

Weiss sieht in der „auditiven Inszenierung“ von Websites und Apps großes Potential. Um der Gefahr der Reizüberflutung zu umgehen, bietet er eine einfache Lösung. Ein Button, soll dem/der Nutzer*in erlauben selbst zu bestimmen, ob der Sound abgespielt werden soll oder nicht.[14]

Bei einem Blick in die Zukunft sehen Hirt und Brunsch vor allem bei Sprachassistenten, Augmented  und Virtual-Reality Potential für UI-Sounds. Allerdings fragen sie sich auch was passiert, wenn die Mensch-Maschine-Interaktion nur noch mittels Sprache stattfinden würde und welche Rolle funktionale Klänge dann in diesem Bereich noch spielen würden, oder ob es diese dann überhaupt noch braucht.[15]


[1] Vgl. Hirt; Brunsch 2018 o. S.

[2] Spehr 2009, S. 9.

[3] Vgl. Online Solutions Group GmbH; Müller o. J. o. S.

[4] Online Solutions Group GmbH; Müller o. J. o. S.

[5] Vgl. Hirt; Brunsch 2018 o. S.

[6] Hirt; Brunsch 2018 o. S.

[7] Vgl. Spehr 2009, S. 12.

[8] Hirt; Brunsch 2018 o. S.

[9] Vgl. Hirt; Brunsch 2018 o. S.

[10] Hirt; Brunsch 2018 o. S.

[11] Vgl. Hirt; Brunsch 2018 o. S.

[12] Vgl. Online Solutions Group GmbH; Müller o. J. o. S.

[13] Online Solutions Group GmbH; Müller o. J. o. S.

[14] Vgl. Weiss 2015, S. 63.

[15] Vgl. Hirt; Brunsch 2018 o. S.


Hirt, Rainer; Brunsch, Aaron (2018): Host Europe Blog. UX-Sound-Design im Zeitalter der Digitalisierung. Online im Internet: URL: https://www.hosteurope.de/blog/ux-sound-design/ (Zugriff am: 12.12.2020).

Online Solutions Group GmbH; Müller, Florian (o. J.): Online Solutions Group. Was ist Sonic Interface Design / UX Design? | Online Marketing Glossar der OSG. Online im Internet: URL: https://www.onlinesolutionsgroup.de/blog/glossar/s/sonic-interface-design-ux-design/ (Zugriff am: 12.12.2020).

Spehr, Georg (Hrsg.) (2009): Funktionale Klänge: hörbare Daten, klingende Geräte und gestaltete Hörerfahrungen. Bielefeld: Transcript (= Sound studies).

Weiss, Peter Philippe (2015): Wenn Design die Materie verlässt: Sound. Das Design der Emotionen, der Imagination und der Lebendigkeit. Norderstedt: Books on demand.

ATMOSPHÄRE IM RAUM

„Mehr als mit den Augen, erfahren wir den Raum über seine Atmosphäre, die wir mit allen unseren Sinnen wahrnehmen. Diese Wahrnehmung ist subjektiv, also individuell von vielen Einflüssen geprägt.“ [1]

Wenn es um Atmosphäre im Raum geht, dann spielt die Architektur selbst eine große Rolle. Der Schweizer Architekt Peter Zumthor hat eine eigene Publikation zum Thema „Atmosphäre“ verfasst in der er Parameter zur Bestimmung der Atmosphäre der Architektur wie folgt festlegt:

  1. Materielle Präsenz
  2. Zusammenklang der Materialien
  3. Klang des Raumes
  4. Temperatur des Raumes
  5. Die Dinge um mich herum
  6. Gelassenheit und Verführung
  7. Spannung zwischen Innen und Außen
  8. Stufen der Intimität
  9. Das Licht auf die Dinge

Er schreibt außerdem: „Was eine architektonische Atmosphäre wirklich ausmacht, ist diese einmalige Dichte und Stimmung, dieses Gefühl von Gegenwart, Wohlbefinden, Stimmigkeit, Schönheit, … in deren Bann ich etwas erlebe und erfahre, was ich in dieser Qualität sonst nicht erleben würde.“

In einem Bericht heißt es: „Peter Zumthors Bauten haben eine magische Ausstrahlung, wer mitmachen will, wenn sie zur Wirklichkeit werden, muss bereit sein das Unmögliche zum Möglichen zu machen.“[2]

Peter Zumthor hat unter anderem das Kunsthaus Bregenz, sowie den Werkraum Bregenzerwald geplant. Bei beiden Gebäuden bekommt man beim Eintreten, dass Gefühl von einer gewissen Freiheit. Die Räume sind offen gestaltet und nur minimalistisch eingerichtet. Wobei die Atmosphäre schon fast ein wenig einschüchternd wirkt, weil man sich seiner eigenen Größe bewusster wird. Der Klang ist bei beiden Gebäuden eher dumpf, aber dennoch sehr Hall belastet.

Fritz Hegi äußert sich in seinem Essay ebenfalls zu Peter Zumthor und nennt ihn sogar „Klangraum-Architekt“. Hegi schreibt:

„Der bekannte Schweizer Klangraum-Architekt Peter Zumthor entwirft – wie eigentlich jeder gute Architekt – die Räume durch Beachtung der Obertonverhältnisse des goldenen Schnitts; und er verwendet die Baumaterialien aus der natürlichen Umgebung. Diese Bauten, diese Räume schwingen und klingen wieder in die Gegend zurück. Sie stimmen in sich und stehen mit ihrer natürlichen Umwelt in Resonanz. Beispiele sind das aus blaugrünem Granit gebaute Thermalbad in Vals/Schweiz; das gläserne Kunsthaus am Bodensee in Bregenz/Österreich und das projektierte Klanghaus aus Fichtenhölzern in Wildhaus/Schweiz. In diesen Räumen klingt auch die Leere, höre ich meinen angehaltenen Atem, fühle ich mich wie verzaubert, mein innerer Klangraum ist mit dem äussern verbunden. Das Elementare bringt die »stummen« Materialien zum klingen und füllt den Raum atmosphärisch. Man kann sich darin erfüllen lassen. Es entsteht ein Gefühl tiefer Verbindung mit etwas Übersinnlichem, etwas Universellem.“[3]

Für Zumthor ist es wichtig sich auf die Orte und die Umgebung einzulassen und passend dazu zu entwerfen. Er sieht die Architektur als Kunstform und sich selbst als einen Art Dirigenten, der versuchen muss, die zwei unterschiedlichen Ebenen der Kunst und der Bauwirtschaft zusammenzuführen und die besten Handwerker zu finden, um das Objekt bestmöglich zu erstellen.[4]

„Sie müssen sich einen Buben vorstellen, der sich seine Träume verwirklicht, da hin geht, den Ort anschaut, studiert was es braucht, das so schön und gut und harmonisch es möglich ist, machen will. Das bin dann eher ich.“[5]


[1] „BKK7_Atmosphaere_Inszenierung_Präsentation_Gestaltung-atmosphärischer-Räume.pdf“ 2016.

[2] „Architekt Peter Zumthor – über die Magie der zeichnerischen Vision | SRF Kulturplatz [YouTube]“ 2018.

[3] Hegi o. J.

[4] Vgl. „Journal Interview | Peter Zumthor“ 2009.

[5] „Journal Interview | Peter Zumthor“ 2009.


Architekt Peter Zumthor – über die Magie der zeichnerischen Vision | SRF Kulturplatz [YouTube] (2018): Architekt Peter Zumthor – über die Magie der zeichnerischen Vision | SRF Kulturplatz [YouTube]. Online im Internet: URL: https://www.youtube.com/watch?v=13fW8FQR18g (Zugriff am: 03.12.2020).

„BKK7_Atmosphaere_Inszenierung_Präsentation_Gestaltung-atmosphärischer-Räume (o. J.): BKK7_Atmosphaere_Inszenierung_Präsentation_Gestaltung-atmosphärischer-Räume.pdf. Online im Internet: URL: http://www.bink.at/wp/wp-content/uploads/downloads/2016/05/BKK7_Atmosphaere_Inszenierung_Pr%C3%A4sentation_Gestaltung-atmosph%C3%A4rischer-R%C3%A4ume.pdf (Zugriff am: 03.12.2020).

Hegi, Fritz (o. J.): Das Klangraumgefühl – Essay über das Atmosphärische. Online im Internet: URL: http://www.fritz-hegi.ch/_downloads/Das_Klangraumgefuehl.pdf (Zugriff am: 01.12.2020).

Journal Interview | Peter Zumthor (2009): Journal Interview | Peter Zumthor. Online im Internet: URL: https://www.youtube.com/watch?v=w-GVfwQ3pfw (Zugriff am: 03.12.2020).

AKUSTIK IN DER ARCHITEKTUR

Jeder Raum bzw. jedes Gebäude hat seine eigenen klanglichen Eigenschaften abhängig von den verbauten Materialien, Größe, Strukturen usw. In der Architektur wird dies oftmals außenvorgelassen. Für die Ästhetik des Klangs in der Architektur scheint es bislang noch kein großes Bewusstsein zu geben. Dies kann gerade in Großraum Büros oder Einkaufszentren, durch den hohen Geräuschpegel, ein großes Problem werden.[1] In Verkaufsräumen kann eine schlechte Akustik sogar zu einer geringeren Verweildauer von Kunden führen und somit auch zu einem geringeren Umsatz.[2]

In der Architektur geht es im Bezug auf Akustik meist nur um die Eindämmung von Klang. Dafür gibt es auch schon unzählige Produkte und Methoden. Gestalteter Sound bedeutet für viele, dass dieser aus einem Lautsprecher kommen muss. Die Chancen einer konzipierten Raumakustik von Shops, Unternehmen usw. werden im Zusammenhang mit dem Sound Branding, so scheint es, völlig ignoriert. Auch bei der Suche nach Theorien zu diesem Thema stößt man hier schnell an Grenzen. Dennoch gibt es eine Hand voll von Experten, welche sich mit diesem Thema auseinandergesetzt haben und versucht haben, die Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken.

So zum Beispiel die Architektinnen Doris Kleilein und Anne Kockelkorn. Sie schreiben: „Wenn Architekten über Akustik sprechen, dann geht es meist um Unvermeidliches; um Schallschutzfenster, um Trittschalldämmung, um Lochplattenresonatoren aus Gipskarton. Fragen der Raumakustik werden, soweit sie überhaupt ins Bewusstsein der Planenden gelangen, an den Akustiker weitergereicht, der eine technische Lösung findet, die dann geradezu widerwillig in den Entwurf integriert wird. […] Wie ein Raum sich anhört, welche Geräusche seine Benutzer auslösen, welche Klangatmosphäre er hat, wird meist dem Zufall überlassen.“[3]

Dass Architekten das Thema der Akustik außenvorlassen, könnte auch daran liegen, dass diese nicht im Vorhinein erlebbar gemacht werden kann, so wie zum Beispiel Pläne und 3D-Visualisierungen, welche die visuelle Ebene schon vor Errichten eines Gebäudes zugänglich machen. Kleilein und Kockelkorn kritisieren dies jedoch trotzdem, da sie der Meinung sind, dass „Grundriss, Schnitt und Materialangaben“ mit jahrelanger Übung, ähnlich wie Noten gelesen werden könnten „und mit dem Wissen über Nachhallzeit und Funktion zur Beurteilung einer Klangatmosphäre verbunden“ eine Möglichkeit bieten würden, die Akustik im Vorhinein gestalten zu können.[4] Sie schreiben:


„Es geht es [sic!] um eine Verschiebung der Aufmerksamkeit; darum, Architektur nicht nur anzuschauen, sondern ihr zuzuhören und so den entkoppelten akustischen Raum an den visuellen anzuschließen.“ [5]


Auch Peter Philippe Weiss erkennt das Potential der „bewussten akustischen und auditiven Gestaltung“, welche „weit über die Begriffe ‚Bauakustik‘ oder ‚Background-Sound‘ hinausgehen“. Er spricht von „akustischer Atmosphäre“ in einem Raum. Diese beeinflusst die Gefühlswahrnehmung von Personen stark und hinterlässt einen positiven oder negativen Eindruck. Ähnlich wie Kleilein und Kockelkorn meint Weiss, dass Architekten hier schon in der Planungsphase die auditive Ebene miteinbeziehen müssten, um dem Raum seine einzigartige Note zu verpassen, ansonsten „klingt der Raum einfach, wie er klingt: irgendwie:“ Weiss appelliert, dass die Verantwortung des Nutzens der ungeahnten Möglichkeiten in der Akustik bei den Architekt*innen liegt. Die Architekt*innen können „die Hör-Dimension […] als Gestaltungsdimension entdecken, die unwahrscheinlich viele Möglichkeiten bietet, einen Raum noch faszinierender, angenehmer und stimmiger zu machen.“[6]


[1] Vgl. BENE GmbH o. J. o. S.

[2] Vgl. ROCKWOOL Rockfon GmbH o. J. o. S.

[3] Kleilein 2008, S. 6.

[4] Vgl. Kleilein 2008, S. 11f.

[5] Kleilein 2008, S. 12.

[6] Vgl. Weiss 2015, S. 93ff.


BENE GmbH (o. J.): bene. Der Sound von Architektur. Online im Internet: URL: https://bene.com/de/office-magazin/der-sound-von-architektur/ (Zugriff am: 23.11.2020).

Kleilein, Doris (Hrsg.) (2008): Tuned city: zwischen Klang- und Raumspekulation = Between sound and space speculation. 1. Aufl. Idstein: Kookbooks (= Reihe Essay).

ROCKWOOL Rockfon GmbH (o. J.): Eine gute Akustik ist gut fürs Geschäft. Online im Internet: URL: https://www.rockfon.de/einsatzbereiche/einzelhandel/ (Zugriff am: 21.11.2020).

Weiss, Peter Philippe (2015): Wenn Design die Materie verlässt: Sound. Das Design der Emotionen, der Imagination und der Lebendigkeit. Norderstedt: Books on demand.