David Tudor – Neural Network Synthesizer

David Tudor war in den 19050er einer der führenden Pianisten. In 1960er- Jahren wandte er sich immer mehr der Live-Elektronik zu und lies das Klavier immer mehr außen vor. Er entwickelte sich nun von einem ausführenden Interpreten zu einem eigenständigen Komponisten und Live-Elektroniker, wobei er sich in seiner Arbeit trotzdem immer mit anderen Künstlern zusammengeschlossen hat. Seine Werke reichen von Komposition und Performance bis zu Installationen.


Neural Network Plus

Eines seiner Werke/Instrumente ist „The Neural Network Synthesizer“. Mit dem Neural Network Synthesizer entstanden die Werke „Neural Synthesis (Nos. 1-9)“ und „Nerual Network Plus“.

Als Vorreiter für die CD „Neural Synthesis (Nos. 1-9)“ gilt David Tudors Performance „Neural Network Plus“. Diese entstand in Zusammenarbeit mit Merce Cunningham und dessen Dance Company und wurde an der Pariser Oper 1992 uraufgeführt. Diese Aufführung ist auch zugleich die erste mit dem Neural Network Synthesizer. Besonders daran ist, dass 16 Lautsprecher über den Raum verteilt wurden, welches eine Immersion erzeugte und es den Performern erlaubte mit dem Raum als Musikinstrument zu spielen.

Neural Network Plus:


Neural Synthesis (Nos. 1-9)

Neural Synthesis (Nos. 1-9) ist eine Arbeit die zwischen 1992 und 1994 in Zusammenarbeit mit Forrest Warthman, Mark Holler und Scot Gresham-Lancaster entstanden ist. Grundlage für diese Komposition ist ein komplexer Synthesizer, dessen Chip von Intel bzw. Mark Holler entwickelt wurde. Wie der Name „Neural Network“ schon erahnen lässt, ist dies ein System, welches dem menschlichen Gehirn und dem Nervensystem nachempfunden wurde. Dadurch entstehen folgendermaßen komplexe Schwingungen und somit auch Klänge. „The chip electronically emulates neuron cells in our brains and can process many analog signals in parallel. “[1] (Der Chip emuliert elektronisch die Neuronenzellen in unserem Gehirn und kann viele analoge Signale parallel verarbeiten.) Während der Performance standen David Tudor bis zu 14 Output-Channels zur Verfügung, welche er alle mit seinen anderen Geräten modelliert hat. Bei der Performance für „Neural Synthesis“ wurde der Chip wohl nicht zum vollen Potential genutzt. So war wohl David Tudor derjenige der sozusagen das Machine Learning übernommen hat, was schlussendlich den speziellen Klang formte. „The chip itself is not used to its full potential in this first synthesizer. It generates sound and routes signals but the role of learner, pattern-recognizer and responder is played by David, himself a vastly more complex neural network than the chip.”

Neuronales Netz

Die Technik, welche hinter dem Neural Network Synthesizer steckt, ist recht komplex. Grundsätzlich sind Neuronale Netzwerk von der Funktionsweise des menschlichen Gehirns geprägt und kommen vor allem in den Bereichen maschinelles Lernen und künstlicher Intelligenz zum Einsatz.

„Stark vereinfacht kann der Aufbau und die Funktionsweise eines Neuronalen Netzes folgendermaßen beschrieben werden: Das abstrahierte Modell eines Neuronalen Netzes besteht aus Neuronen, auch Units oder Knoten genannt. Sie können Informationen von außen oder von anderen Neuronen aufnehmen und modifiziert an andere Neuronen weiterleiten oder als Endergebnis ausgeben.“

Auf folgender Seite werden Neuronale Netze im Allgemeinen erklärt.: https://www.bigdata-insider.de/was-ist-ein-neuronales-netz-a-686185/

In den Liner Notes der CD wird die komplexe Funktionsweise des Chips für den Synthesizer genauer erklärt:

„Der Neuronennetz-Chip bildet das Herzstück des Synthesizers. Er besteht aus 64 nichtlinearen Verstärkern (den elektronischen Neuronen auf dem Chip) mit 10240 programmierbaren Verbindungen. Jedes Eingangssignal kann mit jedem Neuron verbunden werden, dessen Ausgang über On-Chip- oder Off-Chip-Pfade, jeweils mit variabler Verbindungsstärke, zu jedem Eingang zurückgeführt werden kann. Die gleichen Floating-Gate-Bausteine, die in EEPROMs (elektrisch löschbare, programmierbare Festwertspeicher) verwendet werden, werden in einer analogen Betriebsart eingesetzt, um die Stärken der Verbindungen zu speichern. Der Synthesizer fügt R-C (Widerstand-Kapazität)-Tankschaltungen auf den Rückkopplungspfaden für 16 der 64 Neuronen hinzu, um die Schwingungsfrequenzen zu steuern. Die R-C-Schaltungen erzeugen Relaxationsschwingungen. Durch das Zusammenschalten vieler Relaxationsoszillatoren werden schnell komplexe Klänge erzeugt. Globale Verstärkungs- und Vorspannungssignale auf dem Chip steuern die relativen Amplituden der Neuronenschwingungen. In der Nähe des Beginns der Oszillation sind die Neuronen empfindlich für inhärentes thermisches Rauschen, das durch zufällige Bewegungen von Elektronengruppen, die sich durch das monolithische Siliziumgitter bewegen, erzeugt wird. Dieses thermische Rauschen fügt den Ausgängen des Synthesizers Unvorhersehbarkeit hinzu, etwas, das David besonders reizvoll fand.“

1995 erschien schlussendlich eine CD mit 12 aufgenommen Tracks. Die CD wurde speziell für Kopfhörer entwickelt und verwendet binaurale Technik. Die Tracks wurden von David Tudor performt und mit John D.S. Adams aufgenommen und produziert. Das Werk umfasst zwei verschiedene Versionen einen Stereo Mix und einen Binauralen Mix.

Neural Synthesis No. 2

Neural Synthesis No. 6


Quellen:

Composer Inside Electronics (o. J.): David Tudor exhibition. Online im Internet: URL: http://composers-inside-electronics.net/dtudor/legacy/neural_synthesis.html (Zugriff am: 08.11.2021).

„DAVID TUDOR: Recordings (electronic)“ (o. J.): DAVID TUDOR: Recordings (electronic). Online im Internet: URL: http://davidtudor.org/Works/recordings1.html (Zugriff am: 08.11.2021).

kultur-online (2021): kultur-online. kultur-online – Teasing Chaos – David Tudor. Online im Internet: URL: https://www.kultur-online.net/inhalt/teasing-chaos-david-tudor (Zugriff am: 08.11.2021).

Luber, Stefan (2018): Was ist ein Neuronales Netz? Online im Internet: URL: https://www.bigdata-insider.de/was-ist-ein-neuronales-netz-a-686185/ (Zugriff am: 08.11.2021).

„Neural Network Syntheszer“ (o. J.): Neural Network Syntheszer. Online im Internet: URL: http://davidtudor.org/Articles/warthman.html (Zugriff am: 08.11.2021).

Nitschke, Mathis (2020): Mathis Nitschke. Analoge Neuralsynthese. Online im Internet: URL: https://mathis-nitschke.com/analoge-neuralsynthese/ (Zugriff am: 08.11.2021).

Soundohm (o. J.): David Tudor – Neural synthesis n. 6-9 (2CD) – Soundohm. Online im Internet: URL: https://www.soundohm.com/product/neural-synthesis-n-6-9-2c (Zugriff am: 08.11.2021).