Die Verwendung von Traumsequenzen in narrativen Filmen

Der Zusammenhang von Freuds Psychoanalyse und Rauschzuständen wurde schon im Blogpost „Die psychoanalytische Filmtheorie von Rauschzuständen im Film“ thematisiert. Auch Träume können als eine Art Rauschzustand aufgefasst werden. Traumsequenzen im Film werden oft als Erzähltechniken verwendet um Zwischensequenzen von der Hauptgeschichte abzugrenzen. Dazu zählen sowohl Träume, Rückblenden, Visionen, Halluzinationen, Rauschzustände, Bewusstseinsveränderungen oder Phantasievorstellungen. Diese Zwischensequenzen grenzen sich durch Unterschiede, Raum und Zeit betreffend ab. Sie werden oft genutzt um einen tieferen Einblick in die Gedanken oder Psyche eines Charakters zu geben. Träume werden aber auch genutzt um einen Charakter auf neue Ideen zu bringen oder ihm bewusst zu machen, dass das Erlebte nicht real war. Dieser Prozess des sich etwas bewusst Werdens wird auch verwendet um unrealistischen Handlungssträngen wieder einen Kontext zu geben und aufzuklären, dass es sich dabei nicht um die Realität gehandelt hat. Meist handelt es sich bei diesen Traumsequenzen im Film nicht um luzide Träume. Die Person, die träumt ist sich dessen also nicht bewusst und bemerkt erst nach dem Traum, dass es sich um einen solchen gehandelt hat. Es wird prinzipiell zwischen zwei verschiedenen Arten von Traumsequenzen unterschieden.

  1. Klar geklammerte Traumerzählungen: Bei diesen Traumsequenzen ist dem Betrachter von Anfang an klar, dass es sich um einen Traum handelt. Oft wird der Ein- und Ausstieg in und aus dem Traum sogar in die Handlung miteinbezogen.
  2. Nachträglich konstruierte Traumerzählungen: Hierbei wird dem Betrachter erst im Nachhinein klar, dass es sich bei den Geschehnissen nicht um die Realität, sondern um einen Traum des Charakters gehandelt hat.

Traumsequenzen gehören außerdem zum „Spektrum der filmischen Darstellungsmöglichkeiten von Subjektivem, was in manchen Filmerzählungen dazu führt, dass Traumsequenzen zur psychologischen Ausgestaltung von Figuren verwendet und nach Freudschen Kriterien gestaltet werden.“.[1]

Um Traumsequenzen audiovisuell vom Haupterzählstrang zu trennen wird oft mit Musik, zum Beispiel Harfenklang, oder dem Verschwimmen eines Bildes gearbeitet. Der Traum selbst wird oft durch sehr phantastische und surreale Elemente, eine andere Farbgebung oder Unschärfe hervorgehoben.

Es gibt aber auch Regisseure, die solche üblichen audiovisuellen Abgrenzungstechniken bewusst meiden und lieber andere Zugänge, Mittel und Techniken verwenden um solche Sequenzen von der Hauptgeschichte zu trennen. Alfred Hitchcock hat 1945 Regie in einem der ersten Filme, die sich mit Sigmund Freuds Psychoanalyse beschäftigten, geführt. Hitchcock entschied sich bei dem Film Spellbound für eine zu dieser Zeit unübliche Art Träume darzustellen. Seiner Meinung nach waren Träume sehr lebhaft und klar, was die vernebelte, unscharfe Darstellung, die sonst verwendet wurde um Träume als solche zu kennzeichnen, ausschloss. In Zusammenarbeit mit Salvador Dalí entstand so eine Traumsequenz, die es schafft einen faszinierenden Einblick in die Psyche des Hauptcharakters zu geben. Dazu verwendet er Motive wie die fließende Zeit, verhüllt Gesichter oder Spielkarten. Die Szene gibt Aufschluss über unterdrückte Erinnerungen und Gründe für den Gedächtnisverlust des Charakters. Der Künstler Salvador Dalí wurde bereits in dem Blogpost „Warum Walt Disney immer schon als Vorreiter im Bereich psychedelischer Szenen im Animationsfilm galt.“ erwähnt. Er hat nämlich auch schon mit Walt Disney zusammen an Traumsequenzen für Animationsfilme gearbeitet und schon öfter surreale Elemente in seine Filme miteinfließen lassen.

Alfred Hitchcock’s Spellbound with Salvador Dalí

Wie also zu erkennen ist können Träume, Rückblenden, Visionen, Halluzinationen, Rauschzustände, Bewusstseinsveränderungen oder Phantasievorstellungen durch unterschiedliche audiovisuelle Merkmale vom narrativen Handlungsstrang abgegrenzt werden. Wichtig ist nur, dass sie sich überhaupt abgrenzen und in drastischem Gegensatz zur realen Welt stehen. „Der stilistische Bruch zwischen Realität und Traum ist absichtlich groß, um die Wünsche unerfüllbar und weltfremd erscheinen zu lassen.[2]


[1] o.V. (22.04.2012): Traumsequenz. In:

http://filmlexikon.uni-kiel.de/index.php?action=lexikon&tag=det&id=7646 (zuletzt aufgerufen am 11.12.2020)

[2] Schöpe, Maria: Traumsequenzen. Ästhetik sequenzieller Imagination im Film. Diplomarbeit Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf Potsdam Babelsberg. Potsdam 2007, S.95