Was ist ein Bild?

Bilder sind ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Ausdrucksform. Doch was macht ein Bild zu einem Bild?

Dieser scheinbar simplen Frage ging der Bildtheoretiker W.J.T. Mitchell 1986 nach. Laut Mitchell ist unser Verständnis der Bildlichkeit durch zeitliche, kulturelle, soziale und individuelle Wahrnehmungen, aber auch durch unserer Vorerfahrungen geprägt.

Bild von Tracy Lundgren auf Pixabay

Am Beispiel eines Apfel ist diese Beobachtung gut zu erklären: Betrachten drei Menschen das Bild eines Apfels, so sieht Person A darin das Apple Logo, Person B denkt an den Sündenfall und Person C einfach nur an die visuelle Repräsentation eines Apfels. Aby Warburg hat schon auf diese Verbindung zwischen materiellem Abbild und immateriellem Denkbild hingewiesen. Grundsätzlich müsste aber zuerst einmal die Frage gestellt werden, was genau mit dem Wort Bild gemeint ist.

Mitchell unterscheidet fünf Kategorien von Bildern und erklärt die Einteilung der Bilder anhand eines Stammbaumes.

Man stelle sich Bilder als eine weit verzweigte Familie vor, die sich mit der Zeit zeitlich und räumlich auseinander gelebt hat und in diesem Prozess grundlegende Veränderungen durchgemacht hat. Jeder Zweig dieses Stammbaumes repräsentiert einen Typ von Bildlichkeit, der von einer bestimmten Disziplin betrachtet wird. Geistige Bilder fallen beispielsweise in den Zuständigkeitsbereich der Psychologie, optische Bilder werden in der Physik untersucht, grafische Bilder in der Kunstgeschichte, sprachliche Bilder in der Literaturwissenschaft und perzeptuelle Bilder gehören einem Grenzgebiet mehrerer Disziplinen an. Die Darstellung (siehe Abbildung) zeigt wie schwierig es ist den Begriff Bild eindeutige zu erklären. Bei der Beschäftigung einzelner Disziplinen mit ihren jeweiligen Bildern ist es daher nicht sinnvoll einen gemeinsamen, übergeordneten Bildbegriff anzuwenden. Für ein allgemeines Verständnis des Phänomens „Bildlichkeit“ ist eine grundlegende gemeinsame Definition sowie eine theoretische Fundierung essentiell. Beschäftigt man sich aber mit einem gewissen Typus von Bild und mit seinen individuellen, konkreten Fragestellungen ist die grundlegende Definition nicht differenziert genug. 

Zur Gruppe der materiellen Bilder zählen:

Zur zweiten Gruppe zählen die immateriellen Bilder.

Während grafische und optische Bilder eindeutig zur Visuellen Kommunikationsforschung zählen, ist es fraglich, wie nun die nicht greifbaren Bildkategorien eingereiht werden können. Hier befindet sich die visuelle Kommunikation in einem Dilemma, denn werden diese immateriellen Bilder integriert, stellst sich die Frage, was nun die richtige begriffliche Beschreibung ist.

Quelle:
Lobinger Katharina Lobinger: Was ist ein Bild? Was ist ein Medienbild? In: A. Hepp, F. Krotz, W. Vogelgesang (Hrsg.): Visuelle Kommunikationsforschung. Medienbilder als Herausforderung für die Kommunikations- und Medienwissenschaft. Wiesbaden: Springer VS 2012, S. 47-70

Müller, Geise Marion G. Müller, Stephanie Geise: Grundlagen der visuellen Kommunikation. München: UVK 2015, S. 19-28