Bildkompetenz

Kompetenz meint nach einer geläufigen Definition die Fähigkeit, verschiedene Probleme durch kognitive Dispositionen (z. B. Wahrnehmung, Lernen, Abstraktion, Erinnern, Merken, Entscheiden, Urteilen) lösen zu können (grin). 

Was ist dann aber Bildkompetenz? Um Bilder zu verstehen sind Fähigkeiten notwendig, „die einen reflektierenden und selbstbestimmten Umgang mit Bildern voraussetzt. Dies schließt ein Verständnis der verschiedenen Aspekte der Bildkommunikation sowie der unterschiedlichen Bildformen und Bildtypen ein.“ (Sachs-Hombach). Dazu gehört auch die Fähigkeit technische Geräte zur Bilderstellung, -bearbeitung oder -präsentation bedienen zu können, zu wissen wie die Kommunikation mit Bildern funktioniert und auf welchen Voraussetzungen sie beruht und welche Bildformen und Bildtypen es gibt.

10 Ebenen der Bildkompetenz
Nicht jedes Bild ist ein Kunstwerk oder ein Kommunikationsmittel

Die Analyse von Bildern wird nicht mehr vorwiegend mit sprachwissenschaftlichen Ansätzen betrieben und Bilder werden nicht mehr nur als ein Kommunikationsmittel gesehen, die wie Sätze funktionieren (Sachs-Hombach). Bilder dienen nicht nur der Kommunikation, sondern mit ihnen werden Ahnen und Götter beschworen. Bilder drücken aber auch Gefühle aus. Es macht keinen Sinn „sämtliche Bilder zu Kunstwerken oder ihrem Wesen nach zu Kunst zu erklären.“ (vgl. ebd.).

Nach Roland Posner (Sachs-Hombach) überwindet ein zeichentheoretischer (semiotischer) Ansatz die von ihm kritisierte Kommunikations- und Kunstfixierung bei der Bildanalyse. Dabei werden Gebrauchsbilder des Alltag (z. B. Schilder, Piktogramme, Plakate, technische Zeichnungen) analysiert. Posner unterscheidet unter semiotischer Perspektive zehn Ebenen der Bildkompetenz (grin).

Zehn Ebenen der Bildkompetenz (teachsam):

1 Perzeptuelle Kompetenz: Fähigkeit, ein Bild als solches, als eine zweidimensionale Farb-Form-Konfiguration wahrzunehmen (Ein Blinder kann dies nicht).

2 Plastische Kompetenz: Fähigkeit, Gegenstände im Raum als Körper wahrzunehmen (Wer dies nicht kann, kann z. B. Flächen nicht von ihrer Umgebung unterscheiden).

3 Sinitive Kompetenz: Fähigkeit, Gegenstände als Zeichen aufzufassen, die auf etwas anderes verweisen (Wer dies kann, verwechselt Spiegelbilder nicht mit den realen Gegenständen).

4 Syntaktische Kompetenz: Fähigkeit, Farb-Form-Konfigurationen in einzelne Teile zu zerlegen und darin eine Ordnung zu erkennen (Wer das nicht kann, für den bleibt ein Bild chaotisch).

5 Piktorale Kompetenz: Fähigkeit, über die syntaktische Struktur und den Verweischarakter hinaus, das Sujet zu erkennen. Fähigkeit über die Farb-Form-Strukturen hinaus Gegenstandstypen zu erkennen (Wer z.B. bei der Darstellung einer Ansammlung von Menschen in einem bestimmten situativen Umfeld erkennt, dass es sich um Partyfotos handelt, erkennt das Sujet des Bildes).

6 Referentielle Kompetenz: Fähigkeit, auf einem Bild bekannte Personen oder Situationen zu identifizieren (Wer in Familienfotos z.B. nur Genreszenen sieht, oder Passfotos nicht unter dem Aspekt individueller Merkmale betrachtet, sondern sein Augenmerk auf biologische, wie z. B. die Nasenlänge richtet, dem fehlt die nötige referentielle Kompetenz).

7 Exemplifikationale Kompetenz: Fähigkeit zu erkennen, was ein Bild direkt oder metaphorisch darstellt (exemplifiziert) (Wer über diese Kompetenz verfügt, kann z. B. den Stil, die Stimmung oder den Anmutungscharakter eines Bildes erkennen).

8 Funktionale Kompetenz: Fähigkeit, den Zweck des piktoral, referentiell und exemplifikatorisch im Bild mitgeteilten zu erkennen (Wer über diese Kompetenz verfügt, versteht z. B. eine Warnung vor dem Hund nicht als Tierporträt).

9 Pragmatische Kompetenz: Fähigkeit, das piktoral, referentiell, exemplifikatorisch und funktional im Bild mitgeteilte situationsbezogen zu interpretieren (Wer dies nicht kann, kann das Gezeigte nicht verstehen, wenn es in abgewandelten Situationen z. B. bei Karikaturen erscheint).

10 Modale Kompetenz: Fähigkeit,das piktoral, referentiell, exemplifikatorisch, funktional und pragmatisch im Bild mitgeteilte danach zu unterscheiden, ob es real oder nicht-real (fiktional) ist (Wer dies nicht kann, verwechselt Abbildungen in Fachbüchern mit denen in Märchenbüchern, kann das Bild eines Zeitgenossen nicht angemessen von fiktionalen oder fiktiven Figuren unterscheiden).

Die ersten drei sind „die niederen Bildkompetenzen“, diese sind unerlässlich für den kompetenten Umgang mit Bildern. Die weiteren Kompetenzen treffen zum Teil auch für Sprach- oder Musikverstehen zu (teachsam).

Quelle:
grin grin.com: Bilder im schulischen Kontext. Wie könnte Bildkompetenz in Felder unterteilt werden? In: www.grin.com/document/445067, , (zuletzt aufgerufen am 3.1.21)
Sachs-Hombach Sachs-Hombach Klaus (Hrsg.): Was ist Bildkompetenz? Studien zur Bildwissenschaft. Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag 2003
teachsam teachsam.de: Bildkompetenz. In: www.teachsam.de/arb/bild/bildkom/bildkom_5_2.htm, (zuletzt aufgerufen am 3.1.21)