Bildgestaltung: Welche Möglichkeiten gibt es?

Wie ein Bild in der Welt des Films oder der Fotografie letztendlich aussieht wird von einigen Faktoren beeinflusst. In erster Linie zähle ich Licht, Komposition, Wahl des Objektivs & Filter sowie der Kamera dazu. Wobei ich auch deren Priorität in der gleichen Reihenfolge nennen würde und mir zudem durchaus bewusst bin, dass Kamera & Equipment nicht zwingend der Bildgestaltung zuzuordnen sind. Meiner persönlichen Interpretation nach ordne ich aber mal alle Elemente die ein Bild letztlich gestalten dazu (und dazu gehören nicht nur die klassischen Gestaltungsregeln sondern auch das Werkzeug mit dem aufgenommen wird).

Licht

Dass Licht bzw. die Abwesenheit davon eine ungeheuer wichtige Rolle in der Gestaltung eines Bildes spielt würde wohl niemand verneinen, schließlich gäbe es ohne Licht kein Bild. Licht lenkt unsere Augen, zeigt oder versteckt Informationen, beeinflusst die Stimmung bzw. setzt den Ton und ist mit ausschlaggebend darüber ob wir etwas als schön oder nicht schön empfinden. Nicht nur trägt die Manipulation von Licht seit den Anfängen der Fotografie und des Films zu einem der bedeutendsten Bestandteile schöner Kompositionen bei, sondern ist zudem eine Sache, die in ihren Grundsätzen zwar schnell gelernt aber ungeheuer schwer zu meistern ist. In der Regel wird von hartem Licht, weichem Licht, direktem und reflektiertem Licht gesprochen. Zudem gibt es kaltes, warmes und eingefärbtes Licht sowie es natürlich auch Schatten gibt. All diese Varianten von Belichtung sind essentielle Werkzeuge um ein Bild zu gestalten. Instinktiv sieht der Mensch helle Stellen auch als erstes an – dieses Wissen ist besonders wichtig um Blicke gezielt lenken zu können.

Komposition

Wenn von der Bildkomposition gesprochen wird, wird meistens von der Zusammensetzung beziehungsweise der Position der Elemente im Bild sowie von der Position und dem Winkel der Kamera gesprochen. Auch die Komposition hat Einfluss auf die Stimmung, Blickführung und Ästhetik des Bildes. Die Gestaltgesetze der Wahrnehmung, Farbenlehre sowie Linien und Flächen spielen hierbei ein große Rolle. Als Hilfen für ein balanciertes Bild wird oft von der Drittel-Regel oder dem goldenen Schnitt geredet. Auch Linien (wie beispielsweise eine Zaun) können genutzt werden um Blicke zu führen und spannende Kompositionen zu entwickeln.

Objektive

Obwohl in der Bildgestaltung, zumindest in meinen kurzen Recherchen, selten von Kamera & Equipment die Rede ist, so finde ich tragen sie einen großen Teil zum finalen Look des Bildes bei. Vor allem das Objektiv beeinflusst nicht nur den Bildausschnitt sondern auch wie wir ein Bild wahrnehmen. Während ein sehr weitwinkliges Bild beispielsweise wirkt als wäre es aus der Sicht einer Fliege, kann ein sehr schmallwinkliges Bild das Gefühl des Beobachtetwerdens auslösen. Obwohl die Brennweite sicherlich das stärkste Unterscheidungsmerkmal zwischen Objektiven ist, so ist auch die gewählte Blendenstufe sowie die exakte Art des Objektivs entscheidend darüber, wie ein Bild verstanden wird. Stark vereinfacht ausgedrückt gilt zwischen alten Objektiven, neuen Objektiven und stilisierten Objektiven zu unterscheiden. Alle weisen unterschiedliche Eigenschaften auf und wirken sich letztendlich auf das finale Bild aus. Zudem gibt es verschiedenste Filter für unterschiedlichste Effekte und Anwendungsbereiche die das Licht, das letztlich auf dem Sensor eintrifft, stark manipulieren kann. In den Objektiven entsteht auch ebenfalls die Schärfe beziehungsweise Unschärfe eines Bildes. Die Blendenstufe beeinflusst zudem den Schärfenbereich einer Linse. Ein kleiner Schärfebereich führt zu einer starken Trennung zwischen Vordergrund und Hintergrund und wird gerne zur Bildgestaltung eingesetzt.

Kamera

Hier gilt in erster Linie zu unterscheiden zwischen Analog und Digital. Beide Arten der Aufnahme haben ihre Charakteristika (in der Analogwelt besonders auch der gewählte Film natürlich) und beide sind auch anfällig für Manipulation. So kann man eine Rolle Film auch absichtlich falsch behandeln oder spezielle chemische Prozesse unterziehen um einen stilisiertes ungewöhnliches Bild zu erhalten. Ein anderes beliebtes Mittel zur Stilisierung ist das Fotografieren oder Filmen im Infrarotlicht Bereich. Hierbei wird das sichtbar gemacht, das ansonsten für das menschliche Auge unsichtbar bleibt. Auch wenn die Wahl der Kamera letztendlich am letzten Platz meiner Prioritätenliste steht, so würde ich trotzdem versuchen diese Wahl mit Bedacht zu treffen da sie immer noch einen beachtlichen Einfluss auf die Gestalt des finalen Bildes nehmen kann.

Manipulation in der Postproduktion

Fast hätte ich diesen Punkt nicht in meine Liste mit aufgenommen aber wenn man mich fragt welche Möglichkeiten ich zur Bildgestaltung kenne, wäre es etwas verlogen die digitale Manipulation in der Nachbearbeitung zu verschweigen- sie bietet nunmal exakt das, nämlich die Möglichkeit zur Bildgestaltung, nur eben im nachhinein. Dazugehörige Software im Film- sowie im Fotobereich wird zudem immer einfacher, klüger und besser. Störelemente lassen sich in wenigen Mausklicks entfernen, Hintergründe innerhalb von Minuten austauschen und “Fehler” jeder Art, sei es kompositions bedingt oder technischer Natur, in kürzester Zeit beheben oder zumindest minimieren.

Der Emotion in der Geschichte dienen

Ja, jetzt werde ich gerade völlig verrückt in meinem Verständnis über Bildgestaltung aber was solls. Zu den “Möglichkeiten der Bildgestaltung” würde ich sogar die Möglichkeit zählen, alle vorher genannten Elemente nur so  zu benutzen, dass sie einzig und allein der Geschichte und den damit verbundenen Emotionen dienen. Nichts anderes tun die Profis und trotzdem ist es nicht selbstverständlich heutzutage. Oft ist man geblendet von irgendwelchen tollen kreativen Ideen oder Effekte die man woanders gesehen hat, ich spreche aus Erfahrung aber bin mir sicher, dass es euch in professionelleren Bereichen solche Fälle gibt (“Regisseure und ihre Vision” usw.). Bis jetzt hat es sich allerdings immer für mich gelohnt wenn ich noch einmal einen Schritt zurückging und erneut überlegte, wie eine Geschichte, Aussage oder Emotion im Kontext des Konzepts am besten dargestellt werden könnte. Walter Murch, welcher bekannt für seine Schnittarbeit mit Francis Ford Coppola und George Lucas wurde, beschreibt eine Sache in seinem Buch “In the Blink of an Eye” nämlich besonders gut und diese wäre:

What they finally remember is not the editing, not the camerawork, not the performances, not even the Story – it’s how they felt.