In diesem Artikel von Inken Carstensen-Egwuom (2011) geht es darum, wie sich Afrikaner aus Subsahara-Afrika in Chemnitz als Musiker präsentieren. Es wird untersucht, welchen Zweck die Musik- und Tanzdarbietungen aus Subsahara-Afrika sowohl für die Mehrheitsgesellschaft als auch für die Einwanderer als Einzelpersonen und als Gemeinschaft erfüllen. Ihre Analyse zeigt, wie die Netzwerke oder Vereinigungen von Einwanderern mit den Erwartungen und Zuschreibungen von “Authentizität” in einer Kleinstadt zusammenhängen.
Wenn eine Person oder eine Gruppe nicht von anderen in der Gesellschaft abhängig ist, ist eine kontinuierliche Selbstdarstellung nicht notwendig. Aber in Wettbewerbssituationen, sei es wegen Finanzen, öffentlicher Anerkennung oder privater Bestätigung, besteht ein erhöhter Bedarf an Selbstdarstellung, und diese Darstellung wird von sozialen Normen geleitet (Holly, 2010).
Je schwächer die Machtposition der betreffenden Person oder Gruppe ist, desto mehr muss sie sich den Erwartungen der Gesellschaft anpassen. Auf diese Weise wird das stereotype Bild des “geborenen afrikanischen Musikers” gestärkt und die in diesem Artikel diskutierten Widerstände gegen dieses Bild bleiben mehr oder weniger verborgen.
Inken Carstensen-Egwuom (2011) zeigt, dass Musik- und Tanzaufführungen in hohem Maße vom lokalen Kontext und von lokalen wie globalen Machtstrukturen abhängig sind.
Die Musik- und Tanzdarbietungen verändern ihren Sinn und Zweck, wenn sie von Migranten im Kontext ihrer Ankunft genutzt werden: In diesem Fall helfen Musik und Tanz den Mitgliedern des nigerianischen Vereins, sich in die lokale interkulturelle Szene zu integrieren und sich den Erwartungen der Mehrheitsgesellschaft anzupassen.
Diese Integration erfolgt jedoch nicht in der Weise, dass sie nicht mehr als Ausländer erkennbar sind. Um sich zu integrieren und ein anerkannter Teil der Stadtbevölkerung zu werden, zelebrieren sie vielmehr ihre Fremdheit und verstärken sie sogar noch, indem sie sie aufführen: In diesem Fall nutzten sie eine afrikanische Musik- und Tanzaufführung, den Ajegule-Tanz, der die Einheit inmitten der ethnischen Vielfalt in seinem Herkunftskontext feiert. Im Rahmen des interkulturellen Festivals verändert er sich, um das Anderssein, das Afrikanischsein der Darsteller zu betonen.
Die Musik- und Tanzdarbietungen ermöglichen es den nigerianischen Vereinsmitgliedern, als “öffentliche Fremde” (Glick Schiller, et al., 2004) zu agieren und die Ausländer als kulturell anders als die Deutschen darzustellen. Kulturelle Differenz wird so zu einem wichtigen Aspekt der Eingliederung.
Literatur:
Carstensen-Egwuom, I. (2011). Representing an „Authentic Ethnis Identity”: Experiences of Sub-Saharan African Musicians in an Eastern German City. Music &. Arts in Action. Vol 3/3 Bremen
Glick Schiller, N. and A. Caglar. (2009) “Towards a comparative theory of locality in migrationstudies: Migrant incorporation and city scale”. Journal of Ethnic and Migration Studies, 2: 177–202.
Holly, W. (2010) “Politische kommunikation – Perspektiven der medienlinguistik. Am beispieleines selbstdarstellungsvideos von guido westerwelle“. In C. Dürscheid, and K.S. Roth (eds), Wahl der Wörter – Wahl der Waffen? Sprache und Politikin der Schweiz. Bremen: Hempen.