Anti-Western als Gegenströmung
Unter dem Begriff „Anti-Western“ versteht man ein Sub-Genre des klassischen Western, das sich vor allem durch einen anderen Blick auf zentrale Themen auszeichnet und damit eine Art Gegenbewegung bildet. Im Englischen auch „Revisionist-Western“ genannt, begannen die ersten Produktionen in diese Richtung in den 1960er Jahren. Zu nennen sind hier etwa „The Wild Bunch“ aus 1969, „Little Big Man“ (1970) oder auch „Unforgiven“ aus dem Jahr 1992. Was aber macht einen Anti-Western genau aus? Zu Beginn lässt sich festhalten, dass in einigen Filmen nur Elemente aufgegriffen werden, und es nicht „den typischen“ Anti-Western gibt. In einem klassischen Western hingegen gibt es zahlreiche Dinge die sich über die Jahrzehnte als zentrale Motive herauskristallisiert haben. Dazu zählen etwa die Eroberung des Kontinents, der Kampf gegen die „Indianer“, eine klare Trennung zwischen Gut und Böse und linear geschriebene Charaktere. Im Anti-Western wird versucht diese Motive aufzubrechen und in Frage zu stellen. Auch das heroische Element der klassischen Western wurde versucht neu zu deuten und die Realität brutaler und echter darzustellen. Die Figuren von Helden und Feinden wurden verändert durch die Inszenierung von Anti-Helden und sympathischen Gegnern.
Ruf zur Veränderung
Neben der Neuaufstellung der Charaktere wurden auch die indigenen Völker anders porträtiert als zuvor. Im klassischen Western werden diese als wilde, kriegerische „Savages“ dargestellt und grundsätzlich sehr abgewertet. Sie waren in den wenigsten Fällen die Guten und wurden in den Geschichten deshalb immer entsprechend unmenschlich behandelt. Der Anti-Western versucht darauf Bezug zu nehmen, indem er versucht ein gerechteres Bild zu zeichnen und die Geschichten mitunter aus ihrer Perspektive zu erzählen. Neben der indigenen Bevölkerung wurden auch Frauen, Afroamerikaner und homosexuelle Menschen als Charaktere anders in Szene gesetzt als in den klassischen Western-Geschichten. Es waren bis dahin eigentlich ausschließlich weiße Männer die als Helden in den Filmen für Recht und Ordnung sorgten. Alles andere war soweit nur Beiwerk oder „das Böse“ das bekämpft werden musste. Neben der Darstellung von Figuren war auch die Darstellung von Gewalt ein Anliegen des Revisionist-Western. Ein Beispiel dafür ist – wie oben schon erwähnt – „The Wild Bunch“ aus dem Jahr 1969. Der Film handelt von einer Truppe Räubern, die im Verlauf der Handlung in Schwierigkeiten kommen und weder heldenhaft agieren noch als die Bösen porträtiert werden.
Darüber hinaus geht der Film mit dem Motiv der Gewalt anders um als die meisten Western zuvor und stellt dabei die Sinnlosigkeit und die Absurdität in den Vordergrund. Auch die Gesetzeshüter, die die Räuber zu bekämpfen versuchen, sind Teil davon und machen durch ihre Gewaltanwendung auch vor Frauen und Kindern nicht halt. Das Publikum der damaligen Zeit konnte damit nur schwer umgehen, während der Film in den Kritiken gut abschnitt und heute durchaus als eine Art Meisterwerk gilt. Aus dem Anti-Western der 60er und 70er-Jahre sind über die Jahrzehnte hin Filme entstanden, die mit ähnlichen Motiven arbeiten und sich im selben Sub-Genre einfinden. So etwa Quentin Tarantinos sehr populärer „Django Unchained“ aus dem Jahr 2012, der sich um einen Sklaven in den Südstaaten und dessen Geschichte dreht. Im Film werden viele Elemente des klassischen Westerns verändert oder gänzlich negiert, und auch Einflüsse aus anderen Genres spürbar. Neben exzessiver Gewalt (und Humor) ist es vor allem das Motiv der Sklaverei, welches ganz klar ins Zentrum rückt und eigentlich keinem (herkömmlichen) Western der damaligen Zeit entspricht.
Quellen
- http://www.tasteofcinema.com/2015/the-25-best-revisionist-westerns-of-all-time/
- https://en.wikipedia.org/wiki/Revisionist_Western
- https://www.filmsite.org/westernfilms.html
- https://www.premiumbeat.com/blog/the-good-the-bad-and-the-ugly-of-the-western-film-genre/
- https://de.wikipedia.org/wiki/Western_(Genre)
- https://lewtonbus.net/editorials/westerns-101-the-revisionist-era/