Das Octalysis Framework von Yu-Kai Chou

Gamification ist nicht nur das Hinzufügen von Punkten, Belohnungssystemen oder Wettbewerb zu einem schon bestehenden Prozess, Vorgang oder Produkt. Es geht vielmehr darum, herauszufinden was Nutzer oder Kunden dazu motiviert ein bestimmtes Produkt zu verwenden oder Prozess zu nutzen.

Um einen erfolgreichen Prozess oder ein erfolgreiches Produkt zu entwickeln ist es wichtig zu wissen, welche Anreize es für Nutzer braucht um dieses auch zu verwenden.

Das Octalysis Framework von Yu-Kai Chou ist ein Gamification Framework, das 8 Hauptfaktoren identifiziert, die für das Handeln von Nutzern verantwortlich sind. In diesem Blogpost soll näher auf diese 8 Faktoren, sowie die Schlüsse die man daraus für beliebige Gamification Projekte ziehen kann, eingegangen werden. Fehlen diese Faktoren hat der Nutzer keine Motivation mit dem Vorgang, Prozess oder Produkt zu interagieren.

  1. Bedeutung und Berufung

Bei diesem Anreiz haben Nutzer das Gefühl in etwas involviert zu sein, was größer als sie selbst ist. Deshalb schreiben Menschen auch stundenlang kostenlose Wikipedia Artikel um Wissen zu dokumentieren und weiterzugeben. Um Vorteile aus diesem Prinzip für ein Produkt oder einen Vorgang zu ziehen ist es wichtig sich folgendes zu fragen:

Kann ich eine Möglichkeit finden um den Usern durch die Interaktion das Gefühl zu geben anderen Menschen helfen zu können und ihnen damit das Gefühl zu geben, dass sie wichtig sind und dass das was sie tun Bedeutung hat?

Kann ich durch die Interaktionen von Nutzern zu etwas größerem beitragen?

2. Entwicklung, Leistung und Erfolg

Dieser Punkt spricht das innere Verlangen Fortschritte zu machen, Fähigkeiten zu entwickeln, dazuzulernen, Herausforderungen zu bewältigen und das Gefühl Erfolg zu verspüren, an. Um dieses Gefühl zu verstärken muss es vor der Belohnung auch ein Hindernis oder eine Herausforderung geben, da die Belohnung sonst stark an Wert verliert. Deshalb funktioniert das Follower Prinzip auf Social Media auch so gut. Umso mehr Follower umso mehr Erfolgsgefühl stellt sich bei den Usern ein. Das verstärkt sich noch weiter, wenn der Fortschritt, in diesem Fall die Follower, gemessen werden kann. Anzeigen von Fortschritt bewegt auch viele Social Media User ihr Profil zu vervollständigen, da sonst ein Gefühl von Unvollständigkeit entsteht. Um dieses Prinzip zu verwenden sollte man sich folgende Fragen stellen:

Wie kann ich den Usern ein Gefühl von Erfolg und Bewältigung vermitteln?

Kann ich den Prozess visualisieren um einen zusätzlichen Anreiz zu geben, diesen auch zu vervollständigen?

Kann ich eine Herausforderung oder ein Hindernis einbauen um den Wert der Belohnung und das Gefühl von Erfolg zu steigern?

3. Bestärken von Kreativität und Feedback

Dieser Anreiz für Interaktion ist einer der größten Motivationen wenn es zu kreativen Prozessen kommt. Es ermöglicht den Nutzern selbst kreativ zu sein, ihnen Feedback zu geben und ihnen zu ermöglichen, Verbesserungen durchzuführen. Ein Beispiel dafür wäre Minecraft, da die Spieler kreativ sein, etwas erschaffen und das dann auch beliebig ändern können. Dieser Punkt ist Anreiz für das Spielen von verschiedensten Spielen. Um ihn auch für andere Zwecke nutzen zu können, sollte man sich folgendes fragen:

Wie schaffe ich kreativen Freiraum für die User?

Können die User auf verschiedenen Wegen zum Ziel kommen?

Kann ich Usern Möglichkeiten zur Verwendung verschiedener Tools, Fähigkeiten oder Personalisierung geben?

4. Eigentum

Bei diesem Anreiz kommt die Motivation aus einem Gefühl von Besitz. Wenn Nutzer das Gefühl haben, etwas gehört ihnen, ist die Motivation es zu verbessern, zu personalisieren und auch zu beschützen, größer. In der realen Welt ist das ein großer Faktor, der uns Geld verdienen lässt. Ein gamifiziertes Beispiel für den dieser Anreiz verantwortlich ist, ist beispielsweise das Sammeln von Pokemonkarten. Um ihn sich auch für andere Dinge zu Nutzen zu machen, sind folgende Fragen hilfreich:

Kann ich Usern einen Raum bieten, in dem er verschiedene Aspekte personalisieren kann?
Ist es möglich Dinge zu integrieren, die gesammelt werden können und ein Gefühl von Eigentum vermitteln?

Wie sonst kann man ein Gefühl von Eigentum und Besitz schaffen um die Nutzer dazu zu motivieren sein „Eigentum“ zu verteidigen und zu beschützen.

5. Sozialer Einfluss und Bezug

Das ist vor Allem ein Anreiz für Menschen, die sich viele Gedanken darum machen, was andere über sie denken. Bezug zu Dingen oder Themen kann erschaffen werden, wenn geteilte Erfahrungen, Interessen oder auch ein Gefühl von Erinnerung und Nostalgie vorhanden sind. Amazon zum Beispiel macht sich diesen Anreiz zu Nutze indem immer weitere Produkte vorgeschlagen werden, die Bezug zum vorherigen haben und es einen eigenen Bereich für Rezensionen gibt. Auch Memes beruhen auf diesem Prinzip. Deshalb sollte man sich immer fragen:

Wie ermögliche ich es den Usern untereinander zu kommunizieren und sich auszutauschen?

Kann man den Nutzern etwas geben, in dem sie sich selbst erkennen können oder das sie nachempfinden können?

Kann man eine Art Wettbewerb oder auch eine Möglichkeit zu Teamwork schaffen?

6. Mangel und Ungeduld

Man möchte etwas noch mehr, wenn man es nicht haben kann. Deshalb funktionieren limitierte Angebote so gut, Menschen denken, dass sie jetzt sofort handeln müssen um einen Vorteil daraus zu ziehen, da die Chance sonst wieder verfliegt. Um sich das zu Nutze zu machen, kann man sich folgende Fragen stellen:

Wie kann man ein Gefühl von Mangel hervorrufen um Mensch zu suggerieren, dass sie sofort handeln müssen?

Wie schaffe ich ein Gefühl von Exklusivität?

Kann ich limitierte Möglichkeiten, Angebote, Zugänge, etc. implementieren?

7. Unberechenbarkeit und Neugier

Die Menschheit ist von Natur aus Neugierig, außerdem leben die meisten Menschen nicht im Hier und Jetzt sondern immer in der Vergangenheit oder Zukunft, es wird immer spekuliert, was als nächstes passiert. Solange etwas ungewiss ist, sind Menschen sehr motiviert daran zu arbeiten bis die Situation geklärt ist und Gewissheit herrscht. Deshalb bringen Cliffhanger am Ende einer Serie Zuseher auch dazu stundenlang fernzusehen. Um dieses Prinzip auch auf andere Aspekte anzuwenden, sollte man sich folgende Fragen stellen:

Wie kann man den Zufall in etwas miteinbeziehen, wie schaffe ich eine unvorhersehbare Situation, die Menschen fesseln kann?

Wie gebe ich Raum zum Entdecken neuer Aspekte?

Kann man die Nutzer mit unerwarteten Belohnungen überraschen und somit zum Weitermachen motivieren?

8. Vermeidung und Verlust

Die Angst etwas zu verlieren und den Drang etwas Schlechtes zu vermeiden gehören ebenfalls zu den 8 Hauptmotivationen zum Handeln. In verschiedenen psychologischen Studien konnte nachgewiesen werden, dass das Vermeiden von Verlust mehr motiviert als das Gewinnen von neuen Dingen. Das beste Beispiel dafür ist der Black Friday, Menschen wird das Gefühl vermittelt, dass sie die Chance verlieren Rabatte zu bekommen. Limitierte Angebote schaffen die Dringlichkeit zu handeln. Um auch dieses Prinzip zu nutzen, können folgende Fragen hilfreich sein:

Wie vermittelt man ein Gefühl von Verlust, sobald die User aufhören?

Wie schafft man limitierte Möglichkeiten, die verschwinden, wenn nicht sofort gehandelt wird?

Gibt es eine Möglichkeit, dass das Weitermachen belohnt wird?

Um ein erfolgreiches Produkt, etc. zu schaffen, sollte man also immer zuerst analysieren, was die Menschen dazu bringt dieses auch zu verwenden oder zu bedienen. Erst wenn man weiß warum sie tun, was sie tun kann das Produkt oder der Prozess ein Erfolg werden. Diese Prinzipien können natürlich nicht nur im Verkauf verwendet werden, sondern auch als Motivation für weitaus bedeutungsvollere Handlungen sein. Hier liegt dann die Aufgabe des Designers ode der Designerin, die richtigen Anreize für die richtigen Handlungen zu identifizieren um so etwas erreichen zu können.