Die Einbindung von digitalen Recording-Programmen oder die Arbeit mit Digital Audio Workstation’s (DAW) ist in dem musikalischen Schaffensprozess von Künstlern in diesem Gebiet ein zentraler Faktor. Sie lässt laut Grimmer (1991, S. 129f.) eine Identifikation mit dem selbst geschaffenen Material stattfinden und verleiht der Musik „Selbstausdruck“. Menzel (2005) erforschte dafür 22 PC-Musiker über längere Zeit, um deren Arbeitsweise zu erforschen. Die Künstler können sich seiner Meinung nach, trotz Fehler und Qualitätsmängel, mit ihrer Musik identifizieren und an dieser Qualitätsmerkmale feststellen. Trotz eventuell mangelnder Qualitätsstandards (vergleichend mit dem Industriestandart und der professionellen Arbeiten zum Vergleich), die auch vom Künstler erkannt werden, kann sich positiv dazu eingestellt werden (Menzel, 2005, S. 155). Vor allem die dabei entstehenden Lernprozesse mit der Arbeit am Computer können als bedeutsam erlebt werden, da sie Bestandteil zukünftiger musikalischer Entwicklung sind (Menzel, 2005, S. 154).
Bei einer Betrachtung des Zusammenhangs zwischen professionellem, teurem Equipment und dem Schaffensprozess beim Musikmachen, wurde bei Menzels Untersuchungen kein Unterschied erkennbar. Sowohl teure als auch billige Software ließen keine unterschiedlichen Bewertungen zu. Eine größere Erschwernis seien in diesem Fall die technischen Probleme auf die die Musiker treffen. Vielmehr ging es seinen Teilnehmern um die Bereitschaft, sich mit technischen Details zu beschäftigen, um die Probleme zu überwinden (Menzel, 2005). Jedoch kann die Arbeit am Computer mit aufwendigen Programmen den „Kreativitätsflow“ auch bremsen. Sind nach Menzel (2005) die Programme zu kompliziert, und dauert das Lösen der Probleme zu lange, tritt auch der kreative Schaffensprozess neuer Musik in den Hintergrund. Daher versuchen viele Produzenten ihr Equipment so „einfach“ wie möglich zu gestalten, um die musikalischen Ideen möglichst schnell in eine Struktur zu bekommen. Denn Probleme bei dem Umgang der Technik wirken sich dann eher demotivierend aus (Menzel, 2005, S.159).
Beim Schaffensprozess am PC gibt es nach Menzel (2005) außerdem sehr unterschiedliche Motivationen bei verschiedenen Personen. Diese können entweder durch die Selbstverwirklichung und öffentliche Präsentation von Musik angeregt werden, aber auch durch das Auseinandersetzen mit komplizierten Programmen. Dies trifft auch auf die Musikproduktion für den Eigengebrauch zu. Es kann als Hilfe und Unterstützung für die Arbeit mit analogen Instrumenten, sowie zum Modifizieren von schon vorhandenen MIDI- Sequenzen (Musical Interface Digital Interface) genutzt werden und dient deshalb jedem Produzenten ein wenig anders, seine Kreativität in die Tat umzusetzen (Menzel, 2005). Manche Programme können jedoch für einen gewissen Zeitraum, vor allem bezogen auf den letzten Punkt, das Potential vorweisen, eine gewisse Art von Kreativität vorzutäuschen (Menzel, 2005, S. 163). Davon, dass die Technik durch voreingestellte Sequenzen und Programme nun jeden zum „Kreativen Genie“ macht, ist nach Menzel‘s (2005) Ansicht abzusehen. Neben Personen, die eine bestimmte Vorstellung haben, wie das Stück zu klingen hat, ist es aber auch die Technik, die Ideen verwirklicht (Menzel, 2005, S. 163).
„Die Personen können für die Komposition, das Arrangement, die Interpretation, die Tontechnik oder die Produktion verantwortlich sein, aber die Letztverantwortung für die Beschaffenheit des endgültigen Produkts verlagerte sich mit fortschreitender Verbesserung der Aufnahmetechnik immer mehr in die Richtung der Produktion, also der Überwachung und Gestaltung des gesamten Aufnahmeprozesses.“ – (Alfred Smudits; in: von Appen, 2003, S. 67)
Somit muss der Ton selbst nicht mehr erzeugt werden, sondern die Vergleichbarkeit von Sounds und deren Arrangement wird zu einem größer werdenden Bestandteil des musikalischen Schaffens (Menzel, 2005, S. 152ff.).
Quellen:
Grimmer, F. (1991). Wege und Umwege zur Musik: Klavierausbildung und Lebensgeschichte. Kassel [u.a.]: Bärenreiter. S. 129f
Menzel, K. H. (2005). PC-Musiker: Der Einsatz computergestützter Recording-Systeme im Amateursektor. Osnabrück: Electronic Publ.
Smudits, A. (2003). A Journey into Sound. Zur Geschichte der Musikproduktion, der Produzenten und der Sounds. In: von Appen, R. (2003). Pop sounds: Klangtexturen in der Pop- und Rockmusik ; basics – stories – tracks. Bielefeld: Transcript-Verl