Methoden der Skandalisierung – die Palmers Werbung
Masterarbeit Thomas Kepplinger CMS16
Der Verfasser der Arbeit hat folgende Kernfragen gestellt:
Welche Rolle spielen Medien in der Skandalisierung?
Inwiefern kann eine Emanzipation der Werbung festgestellt werden?
Welche konkreten Auswirkungen der Werbung gibt es auf Betriebsergebnisse und den Bekanntheitsgrad der Marke?
Ebenso befasste er sich mit der Analyse der Wechselwirkungen zwischen Werbung und öffentlichem Diskurs an Hand der Werbung von Palmers.
Die Marke Palmers hat im Laufe seiner Firmengeschichte (Gründung 1914) mit 5 Skandalen für Aufsehen gesorgt.
Die Darstellung der Frau in der Werbung im frühen 20 Jahrhundert
Die Rolle der Erotisch-Lockenden
Das Abbild einer leicht bekleideten Dame soll für die Aufmerksamkeit der männlichen Käufer sorgen.
Frauenfigur als Allegorie
Figuren der Antike oder der romantischen Märchenwelt ermöglichen die Darstellung unverhüllter Frauenkörper
Die Rolle der Frau als Dienende
Wurde vor allem für Produkte eingesetzt die von Frauen verwendet wurden.
…..Sie kocht den besten Kaffee…..
…..Wäscht die weißeste Wäsche ….
Der Schriftsteller Karl Kraus beschrieb die Rolle der Frau zwischen „Arbeitstier“ und „Lustobjekt“
Die Darstellung der Frau wurde auch dadurch geprägt, dass nahezu keine Frauen in Entscheidungspositionen der Werbeagenturen waren obwohl rund 75% der Waren von Frauen gekauft wurden.
In der Werbung wurden die Produkte nicht vom Model am Körper getragen. Die Übliche Darstellung für Büstenhalter war etwa, dass ihn eine Frau in den Händen hält. Strumpfhosen wurden auf „Schaubeinen“ präsentiert.
Skandal 1 _ Klerikaler Protest 1936
Ein Sujet einer liegenden jungen Frau mit Halbstrümpfen brachte die Bischöfe Wiens und Innsbruck dazu ein Verbot zu fordern.
Klerikaler Protest 1936
Skandal 3 _ Reizung der Lüsternheit 1953
Das Werbeplakat für die Zwillingspackung Perlonstrümpfe sorgte für Empörung. Es handelt sich um eine Abbildung von Frauenbeinen während sie sich das rechte Strumpfband hochzieht. Der Abschluss der Stümpfe wird von einem kurzen Unterkleid umspielt.
Da „Die Sittliche Entwicklung jugendlicher Personen, insbesondere durch Reizung der Lüsternheit“ gefährdet wurde, wurde das Plakat verboten.
Zur Wiederherstellung der Sittlichkeit wurde der Unterrock mit vorgedruckten Röcken überklebt
Der für das Plakat verantwortliche Grafiker Gerhard Brause erhielt von Palmers eine Prämie in Höhe von 10.000 Schilling, da sich der Umsatz der Strümpfe innerhalb der ersten beiden Tage nach diesem Skandal versechsfachte.
Die Darstellung der Frau 60er Jahre
Die Geschlechterrollen in der Werbung verändern sich langsam. Weibliche Models werden zunehmend freizügiger abgebildet. Der Abgebildete Alltag der Frauen ist dennoch von der Rolle als Hausfrau und Mutter geprägt. Doch auch wachsender Wohlstand und steigender Konsum nimmt Einfluss auf die Werbung.
Mitte der 1960er Jahre entstehen Gesetze, die die Gleichstellung der Frau begünstigen. Dies Veränderte das Frauenbild – und mit Verzögerung auch das Männerbild – in der Werbung.
Sexuelle Revolution
Die sexuelle Befreiung welche unter anderem durch die Verhütungspille entstand, spielgelt sich in der Werbung mit besonderer „Offenheit“ gegenüber sexuellem Primärmerkmalen, ausschließlich weiblicher Art aus.
Seit dem 60er Jahren wurde jedes erdenkliche Produkt mit weiblichem Sexappeal beworben. Zuvor galt diese Art der Werbung als „Verstoß ins Neuland“ und war nur bei Pin-Up Abbildungen gestattet.
Frauen gingen auf die Straße um sich gegen die „symbolische Durchdringung ihrer Körper“ zu wehren.
Allmählich ist eine Veränderung von Tabus und Emazipationsströmungen zu erkennen. Das Körperideal tendiert nun Richtung schlankere Körperformen.
Im Gegenzug zu Männerzeitschriften wiesen Zeitschriften, die an Frauen gerichtet waren einen deutlich geringeren Anteil an erotischer Frauenabbildung auf.
Männer als Zielgruppe
Nackte Männerkörper wurden in der Werbung nur für Männerprodukte verwendet. In den 80er Jahren wurden für Palmers auch Männer als Zielgruppe interessanter. Männer wurden leicht von unten Fotografiert um selbstbewusst und stark zu wirken. Dieses antike Muster wurde durch Säulen und ähnliche Requisiten verstärkt. Plakate mit Männern waren fast immer Schwarz/Weiß.
Das Körperideal verwandelte sich über die Jahre zur „jungen, schlanken, gepflegten, trainierten, schönen Frau. Auch das Ideal der Karrierefrau findet zunehmend Anspruch. In den späten 1990er Jahren erreicht die Unzufriedenheit der Frauen mit dem eigenen Körper seinen Höhepunkt. Die Models wurden immer dünner und die Schönheitsideale immer unerreichbarer.
Der Zeitgeist der 1980er und 1990er Jahre zeigte eine allmähliche Vermischung der Geschlechtergrenzen „Gender Benders“. Man versuchte nun mit der Werbung möglich beide Geschlechter anzusprechen.
Palmers arbeitet oft mit Plakatserien. Das mittlere Sujet war meist eine Portraitaufnahme zum Blickfang. Auf einem Plakat war meistens eine Detailaufnahme zu sehen und am dritten ein Ganzkörperfoto.
Die heutige Palmers-Werbung soll diskret-unterschwellig wirken, Emotionen ansprechen und Wohlstand, Zufriedenheit, narzißtisches Körperleben, Exklusivität und Qualität widerspiegeln.
„Fridecky, Doris: Die Palmers Werbung im Zusammenhang mit dem Wandel des Rollenbildes der Frau, Wien, 1995, S.41“
Skandal 4 _ Mark Glassner 1997
Für Mediale Aufmerksamkeit sorgte 1997 ein Plakat von mit der Rückenansicht von fünf Frauen, fotografiert von Mark Glassner.
Das Plakat wurde von Anhängern des Volksbegehrens zur Gleichberechtigung der Frauen überklebt und zahlreiche Beschwerden gingen beim österreichischen Werberat ein. Dieser entschied jedoch, dass gegen das Plakat keine Einwände bestehen. Es sei eine ästhetische, produktadäquate Darstellung, da die Präsentation von Strumpfmode nur hautnah möglich sei.
Der Umsatz stieg um 42%. Wegen der großen Nachfrage für das Plakat errichtete Palmers einen Postershop.
30 Euro. Für nichts.
2004 sorgte das Unternehmen mit der „Invisible“-Kampagne für Aufsehen. Palmers nutze das neue Medium des hinterleuchteten Plakates. Das Plakat zeigt das Model tagsüber mit Wäsche, welche besonders dünnen Stoff aufweist und nachts erscheint das Model nackt. Untertitelt wurde mit dem Werbeslogan: „30 Euro. Für nichts.“
„Crazy for Passion“
Auch 2006 gab es mediale Aufmerksamkeit für ein Plakat. Die Kampagne „Crazy for Passion“ wurde von den Behörden in München und Hamburg als „zu freizügig bzw. „zu anstößig“ / „zu gefährlich“ für den Straßenverkehr eingestuft. In Wien zierte das 28×5 Meter große Plakat den Bauzaun einer sich im Umbau befindlichen Palmers-Filiale. Das Sujet zeigt zehn Tänzerinnen des Pariser Cabarets „Crazy Horse“ von hinten.
Der Skandal ist immer nur ein Skandal im Spiegel seiner Zeit. Er sagt viel aus über die jeweiligen Moralvorstellungen, Schönheitsideale, Vorlieben und Tabus.
Hertreiter, Vollmuth 2017
Blind Date
Für den ersten Werbespot nach 8 Jahren im November 2011 erntete Palmers Kritik seitens des Blindenverbands ÖBSV.
Im Spot bewirbt ein blindes Model die haptische Wertigkeit der von ihr getragenen Wäsche.
Der Spot trug den Titel „Blind date“ / Sinnlichkeit, die man fühlt.“
Der Werberat konnte keinen Verstoß feststellen. Der ORF prämierte den Spot als bester inländischer Werbespot.
Skandal 5 _ Osterhöschen 2017
Sechs junge Frauen, nur mit Slip bekleidet liegen auf einem Teppich. Das Sujet wurde nur über Facebook publiziert.
Der Werberat forderte Palmers zum sofortigen Stopp der Kampagne auf. Kritisiert wurden die Jugendlichkeit und Körpermaße der Frauen. Weiters fördere das Bild Assoziationen mit der Feilbietung der Ware von Menschenhändlerringen.
Wie Werbung Geschmacksdiktate verbreitet und ihnen folgt, was sie in ihren Blickpunkt rückt und was sie verbirgt, gibt Aufschluss darüber, welche Werte in einer Kultur gültig sind, und was tabuisiert wird.
Wilk, Nicole M.: Körpercodes. Die vielen Gesichter der Weiblichkeit in der Werbung.Frankfurt/Main: Campus Verlag 2002 S.21
Quelle: Masterarbeit Methoden der Skandalierung – die Palmers Werbung, Thomas Kepplinger CMS16