Political Correctness (5)

„Die Anderen sind so anders wie die Anführungszeichen, in denen sie stehen.“[1]

Erfüllt Political Correctness ihr Ziel? Oder drängt sie die Opfer noch mehr in eine Opferrolle?

Die die österreichischen Kulturjournalisten Matthias Dusini und Thomas Edlinger beschäftigen sich in ihrem spöttischen Buch „In Anführungszeichen“ mit dem „Glanz und Elend der Political Correctness“.

Matthias Dusini und Thomas Edlinger
Foto: Ingo Petramer
Quelle Künstlerhaus Graz Archiv

Was bedeutet Political Correctness?

Laut Duden ist Political Correctness eine

„Einstellung, die alle Ausdrucksweisen und Handlungen ablehnt, durch die jemand aufgrund seiner ethnischen Herkunft, seines Geschlechts, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht, seiner körperlichen oder geistigen Behinderung oder sexuellen Neigung diskriminiert wird“.[2]

Der Begriff ist in den USA aus der Schuld an den Gräueltaten der indigenen Bevölkerung entstanden.[3] Mittlerweile wird der Begriff vor allem in Bezug auf nichtdiskriminierende Sprache verwendet.[4]

Matthias Dusini und Thomas Edlinger kritisieren das aktuelle „kulturellen Klima[…], das nach Seufzern der Opfer und gefühlten Opferidentifikationen lechzt“.[5] Dusini und Edlinger schreiben der Political Correctness und dem „Opferbegriff“ eine „galoppierende[r] Inflation“[6] zu.

Sie bemängeln, dass das „Pochen auf individuelle Privilegien vor dem Hintergrund einer generellen Benachteiligung […] auch von eigener Täterschaft“ ablenkt.[7]

Ebenso sehen die Autoren hinter der Political Correctness eine wirtschaftliche Motivation:

„Vor dem Hintergrund der moralischen Schuldenberge ist die Reklamierung des Opferstatus zu einem einträglichen Geschäft geworden. Wie jedes Geschäft, das Profit abwirft, ist auch dieses umkämpft. Die finanziellen, moralischen und politischen Formen der Entschädigung expandieren.“[8]

Dusini und Edlinger verneinen nicht die Existenz echter Opfer von Rassismus, sozialer Ungerechtigkeit oder Sexismus. Sie kritisieren, dass sich „viele Menschen als Opfer fühlen, ohne welche zu sein, und damit die Opferdebatte am Köcheln halten, um ihrem eigenen Dasein mehr Gewicht zu verleihen.“[9]

Die Beschreibungen von Matthias Dusini und Thomas Edlinger sind teilweise sehr überspitzt dargestellt. Nach wie vor ist es wichtig, sich für einen gerechten und respektvollen Umgang für alle einzusetzen. Die beiden Autoren wollen den Leser*innen mitgeben, sich dennoch selbst zu hinterfragen und die Nutzung von Political Correctness zu reflektieren.

Die Frage, ob eine Berichterstattung über Diskriminierung, die Diskriminierenden nicht nur noch mehr in eine Opferrolle, in andersartige Anführungszeichen oder in „Differenz und Besonderheit“[10] rücken, muss gestellt werden.

Aus diesem Grund ist es wichtig, die eigene Rolle zu hinterfragen und sich möglichen Folgen und Auffassungsweisen bewusst zu werden.


[1] Dusini, Edlinger: In Anführungszeichen, S.10

[2] Duden: https://www.duden.de/rechtschreibung/Political_Correctness [letzter Aufruf: 13.01.2021]

[3] Spiegel Kultur: https://www.spiegel.de/kultur/literatur/dusini-und-edlinger-in-anfuehrungszeichen-ueber-political-correctness-a-838633.html [letzter Aufruf: 13.01.2021]

[4] Political Correctness: http://www.politik-lexikon.at/political-correctness/ [letzter Aufruf: 13.01.2021]

[5] Dusini, Edlinger: In Anführungszeichen, S. 43

[6] Dusini, Edlinger: In Anführungszeichen, S. 48

[7] Dusini, Edlinger: In Anführungszeichen, S. 46

[8] Dusini, Edlinger: In Anführungszeichen, S. 45

[9] Wiener Zeitung: https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/literatur/467817_Dusini-Matthias-Edlinger-Thomas-In-Anfuehrungszeichen-Glanz-und-Elend-der-Political-Correctness.html [letzter Aufruf: 13.01.2021]

[10] Dusini, Edlinger: In Anführungszeichen, S. 39

Bildquelle: Dusini, Edlinger Foto: Ingo Petramer, privat, Künstlerhaus Graz Archiv: https://www.km-k.at/de/event/anfuhrungszeichen-glanz-und-elend-der-political-correctness/