Vital – der intuitive Alleskönner unter den Synthesizern

Als Sounddesigner und Musikschaffender ist es wichtig Werkzeuge zu haben, mit welchen Ideen möglichst einfach und schnell zu realisieren sind. Synthesizer sind oft komplexe Geräte, die einen Laien schnell überfordern können und lange Lernkurven haben. Selbst für erfahrene Nutzer sind viele Synthesizer oft nicht sehr intuitiv zu bedienen bzw. müssen aufwendig, teilweise durch langes Probieren, konfiguriert werden, um einen gewünschten Sound zu erzielen.

Vor kurzem ist allerdings der kostenlose Software-Synthesizer Vital veröffentlicht worden, der einen starken Fokus auf intuitive Benutzung legt und somit auch einsteigerfreundlich ist. Er ist jedoch auch hinsichtlich seiner Features sehr vielseitig einsetzbar ist und deckt ein breites Spektrum an Synthesemöglichkeiten ab. Die äußerst einfache Bedienung wird vor allem durch das gute User Interface ermöglicht. Obwohl dieser Synthesizer sehr viele verschiedene Funktionen hat, die auch in die Tiefe gehen, ist das Interface relativ simpel und logisch gestaltet. Hierzu muss man sagen, dass Vital stark vom Synthesizer Serum inspiriert wurde, der sich in den letzten 10 Jahren als einer der populärsten Synthesizern in der Produktion von elektronischer Musik etabliert hat. Beim ersten Öffnen des Plugins fällt ganz besonders auf, dass alle Elemente dieses Synthesizers grafisch so dargestellt werden, dass man sie leicht versteht. Sowohl die Wellenformen der Oszillatoren, als auch die Verläufe der Envelopes und LFOs bis hin zu der Form der Filterkurven werden alle auf einem Bildschirm visualisiert.

Komplexer Patch grafisch anprechend und logisch dargestellt

Die Oszillatoren bieten unterschiedliche Wellenformen: Von der einfachen Sinusschwingung bis zu komplexen Wavetables, die man selbst erstellen oder importieren kann. Sogar eine Text-To-Speech Funktion gibt es, die ein Wort oder einen Satz in verschiedenen Sprachen als Wavetable speichert und abspielt. Die Oszillatoren kann man zusätzlich noch untereinander mit verschiedenen Algorithmen modulieren. Für den modernen Klang elektronischer Musik gibt es die Unison-Funktion, mit welcher man bis zu 16 Stimmen eines Oszillators erzeugen kann, die einen breiten Stereoeffekt ermöglichen. Es gibt zusätzlich noch einen Sampler, in welchen man eigene Samples laden und wie die anderen Oszillatoren mit Envelopes, LFOs, Filtern und Effekten bearbeiten kann. Alternativ kann man den Sampler auch als Whitenoise-Generator verwenden.

Die Envelopes und LFO’s erlauben komplexe Verläufe, die man selber mit der Maus einzeichnen kann. Damit lassen sich Sounds sehr detailliert einstellen. Diese Envelopes und LFO’s lassen sich auf fast jeden Parameter des Synthesizers legen. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass das Routing über Drag & Drop realisierbar ist, was diesen Synthesizer besonders einfach und schnell in der Bedienung macht. Es gibt auch eine klassische Routing-Matrix, mit welcher man noch ein wenig mehr Optionen hat, aber die grundlegenden Funktionen, lassen sich per Drag & Drop der LFO’s und Envelopes auf die Parameter bewerkstelligen. Möchte man komplexe Effekte, bestehend aus der Veränderung mehrerer Parameter, auf einen MIDI-Controller mappen, gibt es dafür mehrere Makro-Drehregler. Beispielsweise, kann man darauf einen Wavetable durchlaufen, diesen mit einem zweiten Oszillator modulieren, den Filter-Cutoff und zugleich den Sustain des Envelopes verändern.

Ich persönlich nutze oft auch die Random-Generatoren, die mehrere Modi wie z.B. Sample & Hold bieten und mit welchen man andere Parameter modulieren kann.

Die Filter reichen von simplen Hochpass- und Tiefpassfiltern bis hin zu Kammfiltern und speziellen Filtern, die unterschiedliche Vokale simulieren. Man kann zusätzlich zwischen “sauberen” digitalen Filtern und analogen Filtern, die Sättigungseffekte und andere Imperfektionen aufweisen, wählen.

Zur weiteren Klangverarbeitung bietet Vital eine Reihe an Effekten, wie Delay, Reverb, Distortion, Equalizer, Upward- und Downward-Kompressor (auch in Multiband-Ausführung) Chorus, Phaser, Flanger und einen zusätzlichen Filter. Auch diese lassen sich mithilfe der Envelopes und LFO’s modulieren.

Effects-Tab in Vital

Im Advanced-Tab kann man Vital noch hinsichtlich Klangqualität und Performance konfigurieren. Es gibt unter anderem Optionen für Oversampling, Qualität der Wavetables, Unison-Verhalten und Stimmung des Synthesizers.

Wieso ich Vital verwende?

Ideen tauchen oft als spontane Einfälle oder Geistesblitze auf, die ich schnell realisieren möchte und auch muss, bevor ich sie wieder vergesse. Da Vital schnelles und detailliertes Arbeiten erlaubt und ein breites Spektrum an Möglichkeiten abdeckt, ist dieser Synthesizer inzwischen in meine erste Wahl, wenn ich einen Klang synthetisch erzeugen möchte. Wenn ich Sounds hingegen durch Experimentieren und Limitieren meiner Möglichkeiten erzielen möchte, greife ich trotzdem noch gerne zu anderen Synthesizern (oft Emulationen analoger Geräte). Es ist dennoch erstaunlich, dass ein solcher Synthesizer, wie Vital, der teilweise kommerzielle Produkte hinsichtlich Features, Usability und Design überbietet, kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Es gibt auch eine kostenpflichtige Plus- und Pro-Version, die vor allem mehr Wavetables und vorgefertigte Presets beinhalten, aber in der kostenlosen Version sind bereits alle Features enthalten.

Quellen:

https://vital.audio/