Das Potenzial von Videospielen: Recherche Teil 1

Die Wirkung von Videospielen bei Krankheiten ist nicht besonders weit erforscht. Allerdings wird in einem aktuellen Sammelbandbeitrag ebendies thematisiert. Hierzu wird der Beitrag „Wunderpille Games!? Mit digitalem Spiel gegen reale Krankheiten“ erarbeitet.

32 Prozent der Kinder und Jugendlichen spielen täglich, während 31 Prozent mehrmals wöchentlich spielen (1). Videospiele werden jedoch von einer weit gefächerten Zielgruppe geschätzt und gespielt. Es sind nicht nur Kinder, sondern alle Altersgruppen bis hin zu Senioren, die Videospiele in ihrer Freizeit nutzen. Das Durchschnittsalter der deutschen Spielenden liegt immerhin bei 37,5 Jahren (2).

Gleichzeitig ist bekannt, dass ein hoher Zeitaufwand beim Lernen zu einem besseren Ergebnis führt. An genau dieser Stelle setzen auch Serious Games und Health Games an: Durch eine spielerische Herangehensweise kann Lernen Spaß machen und der freiwillige Zeitaufwand bewirkt einen stärkeren Lerneffekt.

„Spiele besitzen ein hohes motivations- und kompetenzförderndes Potenzial, das sich für Gesundheitsthemen anbietet“ (3)

Dies ist die erste These, die der Beitrag aufstellt. Hierbei werden Health Games in drei Felder aufgeteilt:

  • 1. Spiele, die das Verständnis für Krankheiten fördern
  • 2. Spiele, die der Krankheitsbewältigung dienen
  • 3. Spiele, die zur Aus- und Weiterbildung hilfreich sind

Spiele der ersten Kategorie beziehen Patienten und ihr Umfeld gleichermaßen ein. Durch die spielerische Erarbeitung sensibler Themen, wie Krankheiten, kann ein größeres Verständnis für die Erkrankten erschaffen werden. Die Menschen lernen den Umgang mit der Krankheit oder der erkrankten Person in einer virtuellen Welt.

Die Krankheitsbewältigung kann auf verschiedene Weise erfolgen. Einerseits können Spiele dieser Kategorie die Einstellung der Patienten verändern, da sie eine veränderte Denkweise erlernen können. Dies ist besonders bei psychischen Krankheiten hilfreich, um zum Beispiel negative Denkweisen umzuwandeln. Andererseits können Spiele, wie zum Beispiel Wii Sports, auch die körperliche Aktivität fördern und so zur Gesundheit beitragen (3).

Aber es gibt auch Spiele, die zur Aus- und Weiterbildung in der Medizin eingesetzt werden und nicht im direkten Verhältnis zum Patienten stehen. Das Erkennen von Symptomen zum Beispiel kann durch Videospiele geschult werden, ohne junge Ärzte und Pflegepersonal direkt mit der Situation zu konfrontieren. So können Fehler und Behandlungsweisen erprobt werden, ohne Gefahren zu erzeugen (3).

Der Vorteil von Videospielen gegenüber anderen Medien, die zu Lehrzwecken eingesetzt werden (z.B. Filme), ist, dass sie eine aktive Teilnahme und Umsetzung eigener Lösungsansätze ermöglichen. Das Erleben der virtuellen Welt ist daher sehr motivierend und gut geeignet für Lernzwecke. Jedoch müssen die Inhalte verstanden werden, was ein gezieltes Game Design zu medizinischem Zweck voraussetzt (3).

Mit den folgenden Blogeinträgen und der weiterführenden Erarbeitung dieses Sammelbandbeitrags sollen Spiele der zweiten Kategorie genauer betrachtet werden.

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest. (2019). JIM-Studie 2019 als PDF. url: https://www.mpfs.de/studien/jim-studie/2019/ abgerufen am 20.11.2020

game – Verband der deutschen Games-Branche e.V. (2020). url: https://www.game.de/marktdaten/durchschnittsalter-der-deutschen-gamer-steigt-weiter/ abgerufen am 20.11.2020

Thiele-Schwez, M.; Sauer, A. (2020). Wunderpille Games?! Mit digitalem Spiel gegen reale Krankheiten. In: Görgen, A.; Simond, S.: Krankheit in Digitalen Spielen: Interdisziplinäre Betrachtungen. Bielefeld: transcript 2020, S 367 – 386.

Das Potenzial von Videospielen: Was macht ein Videospiel aus?

Bei genauerer Betrachtung von Health Games stellt sich die Frage, wieso das Konzept eines Videospiels als medizinisches Hilfsmittel überhaupt funktionieren kann. Hierzu ist es notwendig zu klären, was ein Videospiel überhaupt ausmacht.

Grundsätzlich kann ein Spiel als Medium definiert werden, welches ein Erlebnis vermitteln soll. Hierzu zählen analoge Spiele wie Gesellschaftsspiele aber auch digitale Spiele, welche im Folgenden unabhängig von ihrer Plattform als Videospiele bezeichnet werden. Ein Erlebnis wird geschaffen, indem die Gestaltung des Spiels ein bestimmtes Ziel verfolgt, wie das Hervorrufen bestimmter Gefühle und die Lösung eines Problems (1). Schell beschreibt außerdem 10 definierende Aussagen, die auf jedes Spiel zutreffen:

„M1. Spiele werden willentlich gespielt.
M2. Spiele haben Zielsetzungen.
M3. Spiele beinhalten einen Konflikt.
M4. Spiele haben Regeln.
M5. Spiele können gewonnen oder verloren werden.
M6. Spiele sind interaktiv.
M7. Spiele stellen die Spieler vor eine Herausforderung.
M8. Spiele können eine eigene Bedeutsamkeit generieren.
M9. Spiele verwickeln die Spieler in das Geschehen.
M10. Spiele sind geschlossene, formale Systeme.“

Schell, 2012, S. 123-124

Spieler und Spielerinnen spielen ein Spiel demnach willentlich, um ein Problem zu lösen, welches das Spiel vorgibt. Dieser Erkenntnis nach formuliert Schell seine Definition eines Spiels als „Problemlösungsaktivität, die mit einer spielerischen Einstellung angegangen wird“ (1).

Spiele können, je nach Ziel und Spielinhalt, in Kategorien eingeteilt werden. Bei Videospielen wird in diesem Sinne häufig von Spielgenres gesprochen. Bei der Global Consumer Survey 2020 wurden Personen verschiedener Altersgruppen befragt, welche Genre Sie am liebsten spielen. Zu den beliebtesten Genres in Österreich gehören Strategie-, Action/-Adventure- und Simulationsspiele (2).

Als ein weiteres Genre gilt das der Serious Games, welche das direkte Ziel verfolgen, Lerninhalte zu vermitteln. Da die Verkaufszahlen in der Branche in den letzten Jahren ansteigen, wird von einem weiteren Wachstum ausgegangen. So wenden sich mehr Entwickler der Vermittlung von Lerninhalten zu. Als Beispiel wird unter anderem Assassins Creed Origins genannt, welches geschichtliche Themen interaktiv erlebbar macht (3).

Werden Videospiele nun für medizinische Zwecke eingesetzt, kann die freiwillige Problemlösungsaktivität genutzt werden. Die aktive Teilnahme am Spielprozess hat hierbei einen großen Vorteil zu anderen Medien wie Filmen, welche nur eine passive Auseinandersetzung mit dem Erlebnis bieten. Wird ein Spiel bewusst im Zusammenhang mit der Behandlung einer Krankheit eingesetzt beziehungsweise genutzt, erfüllt es die Funktion eines Health Games (4).

Quellen:

(1) Schell, J. (2012). Die Kunst des Game Designs. Heidelberg: Mitp Verlag.

(2) Statista (2020). url: https://de.statista.com/prognosen/1000174/umfrage-in-oesterreich-zu-beliebten-game-genres abgerufen am 16.11.2020

(3) game – Verband der deutschen Games-Branche e.V. (2020). url: https://www.game.de/guides/fokus-serious-games/fuenf-thesen-zur-zukunft-von-serious-games/ abgerufen am 15.11.2020

(4) Thiele-Schwez, M.; Sauer, A. (2020). Wunderpille Games?! Mit digitalem Spiel gegen reale Krankheiten. In: Görgen, A.; Simond, S.: Krankheit in Digitalen Spielen: Interdisziplinäre Betrachtungen. Bielefeld: transcript 2020, S 367 – 386.

Das Potenzial von Videospielen

Videospiele werden häufig als reiner Zeitvertreib angesehen oder sogar als Zeitverschwendung (1). Allerdings besitzen sie ein größeres Potenzial, als einige annehmen würden.


Bei der Gestaltung eines Videospiels wird das Ziel verfolgt, ein Erlebnis zu erschaffen. Der Spieler soll dazu angeleitet sein, eine Problemlösung zu erarbeiten und dabei zum Beispiel Spaß empfinden. Aber Spaß ist nicht das einzige Gefühl, das Videospiele auslösen können. Jedes Videospiel baut auf einem Leitthema auf, welches ebenso seriös oder traurig sein kann, wie fröhlich und witzig. So können auch tiefergehende Themen kommuniziert werden (2).

Eine besondere Kategorie der Videospiele stellen die Serious Games dar. Diese werden zu Lehrzwecken in verschiedenen Bereichen eingesetzt und können den „menschlichen“ Unterricht ersetzen. So werden in den USA bereits Modellversuche durchgeführt, in denen Schüler mithilfe von Videospielen ihren Unterrichtsstoff aufnehmen. Eine Unterkategorie der Serious Games sind sogenannte Health Games. Diese unterstützen die Medizin durch ihren Beitrag zu therapeutischen und diagnostischen Verfahren. (3) Somit ist klar, dass Videospiele nicht nur kulturelle Werte und Informationen vermitteln (1), sondern auch als wichtiges Hilfsmittel dienen können.

Die frühesten Entwicklungen verdeutlichen diese Entwicklung. 2020 wurde in den USA das erste, von der FDA zugelassene, Videospiel zur medizinischen Behandlung veröffentlicht. EndeavorRxTM wird als verschreibungspflichtiges Medikament für an ADHS erkrankte Kinder eingesetzt. Das Spiel stimuliert die Gehirnstrukturen der Patienten und trainiert so gezielt ihre Aufmerksamkeit (4).


Die Videospiel- und Game-Design-Branche erlebt derzeit einen besonderen Umschwung. Nicht nur durch die aktuelle Covid-19 Situation, sondern auch bedingt durch technischen Fortschritt, wird ein Wandel der Spiele von einem Zeitvertreib zu medizinischen Hilfsmitteln angetrieben. Das Potenzial von digitalen Spielen wird jedoch in der Literatur nur wenig kommuniziert.

Durch die Erarbeitung verschiedener Quellen zu Serious Games, insbesondere Health Games, in Hinblick auf deren Auswirkungen, Anwendungsbereiche und kritische Sichtweisen, kann eine Literaturbasis geschaffen werden. Auch eine direkte Analyse dieser Spiele kann hilfreich sein, um herauszufinden, welche Aspekte des Game Designs für medizinische Videospiele notwendig oder üblich sind.

Quellen:
(1) Dürnberger, C. (2014). Computerspiele für eine bessere Welt? (Natur)ethische Fragestellungen in video games. GAIA – Ecological Perspectives for Science and Society, 23, S. 231-235.

(2) Schell, J. (2012). Die Kunst des Game Designs. Heidelberg: Mitp Verlag.

(3) game – Verband der deutschen Games-Branche e.V. (2014). url: https://www.game.de/spielend-lernen/ abgerufen am 06.11.2020

(4) Akili Interactive Labs, Inc. (2020). url: https://www.akiliinteractive.com/news-collection/akili-announces-ce-mark-approval-of-endeavorrxtm-digital-treatment-for-children-with-adhd abgerufen am 06.11.2020